Thilo Kölzer, antwerpes: „Wir müssen dafür sorgen, dass die Kreation nicht untergeht“
Erfahren Sie, warum
- Patchwork Marketing klare Guidelines braucht
- der große Wurf im Marketing in Zukunft vielleicht Seltenheitswert hat
- Brot-und-Butter-Jobs die Kreation gefährden können – und was Kreativagenturen dagegen tun können.
"Ich sehe ein wenig die Gefahr, dass der große Big Bang in der Kommunikation deshalb ausbleiben wird. Man hangelt sich marketingtechnisch von Monat zu Monat."Health Relations: Sich arrangieren heißt vielleicht auch, dass man Kompromisse eingeht und ggf. nur Themen und kommunikative Maßnahmen umsetzt, die wenig risikoreich sind, um Aufwände und Reibungsverluste gering zu halten. Thilo Kölzer:Ich glaube, das ist ein wichtiger Aspekt. Dadurch, dass die Zeit gerade eine ungewisse ist und mit einer Fülle von Entwicklungen und Themen einher geht, macht man im Marketing eben nicht den großen Wurf, sondern man beschränkt sich auf kleine bis mittlere Maßnahmen, die überschaubar sind. Solche Maßnahmen, die wenig Risiko mitbringen. Ich sehe ein wenig die Gefahr, dass der große Big Bang in der Kommunikation deshalb ausbleiben wird. Man hangelt sich marketingtechnisch von Monat zu Monat. Es geht ja auch immer irgendwie weiter, hier einen Instagram-Kanal, dort einen Kongress, dann vielleicht mal etwas Größeres. Das funktioniert. Die Frage ist nur: Wird eine Strategie deutlich oder verfolge ich überhaupt noch eine Strategie? Oder wird meine Marke in diesem ganzen Wimmelbild selbst zu einem Wimmelbild? Werden die Marke und ihr Markenkern überhaupt noch gesehen? Das heißt letztendlich, Unternehmen und Agenturen müssen Entscheidungen treffen, welche Kanäle sie nutzen und wie sie sie genau einsetzen, damit am Ende die Marke trotzdem aus der Masse herausstechen kann.
"Die Produktmanager und Produktmanagerinnen in der Industrie sollten sich in puncto Kreativität auf ihre Agenturen verlassen können. Sie müssen nicht immer auf die Idee kommen, zu sagen: Ich möchte jetzt mal etwas ganz Außergewöhnliches ausprobieren."Health Relations: Inwiefern beeinflussen die genannten Begleiterscheinungen des Patchwork Marketings die Kreativleistung einer Agentur? Thilo Kölzer:Ich habe vor kurzem bei einer internen Präsentation ein geteiltes Bild gezeigt, die eine Hälfte zeigte einen Leuchtturm, die andere ein Brot mit Butter - Brot-und-Butter-Geschäft versus Leuchtturmprojekt. Ich glaube, wir als Agenturen sind ganz stark gefragt, diese Highlights selber zu produzieren, selber vorzuschlagen und immer wieder ins Gespräch zu bringen. Ansonsten geht es im Tagesgeschäft in der Tat unter. Die Produktmanager und Produktmanagerinnen in der Industrie sind keine ausgebildeten Kreativen und sollten sich in puncto Kreativität auf ihre Agenturen verlassen können. Das heißt, sie müssen nicht immer auf die Idee kommen, zu sagen: Ich möchte jetzt mal etwas ganz Außergewöhnliches ausprobieren. Da müssen wir dranbleiben. Auch, wenn es eine Absage gibt. Ich bin überzeugt, es ist unsere Pflicht als Kreativagentur, dafür zu sorgen, dass die Kreation nicht untergeht.