Thomas Stadler, Hermes Arzneimittel: „Wir denken in Markenteams“
In diesem Artikel lesen Sie:
• Wie Hermes Arzneimittel den Fachkräftemangel zu spüren bekommt,
• Wie sich die Kommunikation zu Ärzt:innen und Apotheken verändert hat,
• Welche Bereiche im Unternehmen stärker zusammenarbeiten als früher,
• Was Daten für die Pharma tun kann und wo die Herausforderungen bei der Implementierung von KI sind,
• Wann das Fax aus der Kommunikation verschwindet.
Health Relations: Sie sind seit Anfang des Jahres alleiniger Geschäftsführer bei Hermes Arzneimittel. Was sind Ihre Pläne für das Unternehmen?Thomas Stadler: Hermes Arzneimittel ist in den letzten Jahren sehr stark gewachsen. Unser Geschäftsmodell besteht aus eigenen Marken und aus Kooperationsmarken. In Zukunft wollen wir die Marktposition, die wir derzeit in der Apotheke haben, weiter ausbauen und ein wichtiger Ansprechpartner für die Apotheken sein. Wir bewegen uns hauptsächlich im Apothekenmarkt. Es gibt auch Berührungspunkte zum Arzt, aber die Hauptzielgruppe sind die Apotheken.
Health Relations: Wachstum geht nicht ohne Fachkräfte, von denen sind ja auch zahlreiche durch die Digitalisierung neu hinzukommen. Ist der Fachkräftemangel bei Ihnen auch angekommen und wie spüren Sie das? Thomas Stadler: Es geht uns da nicht anders als anderen. Deshalb beschäftigen wir uns sehr intensiv damit, ein guter Arbeitgeber zu sein. Der Großraum München ist ein Standort mit sehr vielen interessanten Unternehmen. Da braucht man ein unverwechselbares Profil und ein Angebot, das über eine angemessene Bezahlung hinausgeht. Da punkten wir. Zum Beispiel mit der Art, wie wir unsere Unternehmenswerte Partnerschaft, Dynamik und Stabilität leben. Oder mit den Gestaltungs- und Entfaltungsmöglichkeiten, die wir als mittelständisches Unternehmen bieten können.
Health Relations: Bleiben wir noch einmal bei der Digitalisierung. Sie sagten eben, dass Ihre wichtigste Klientel die Apotheken sind und an zweiter Stelle die Ärzt:innen kommen. Gibt es Kommunikationskanäle, die für die eine oder andere Gruppe besser funktioniert?Thomas Stadler: Das kann man nicht pauschal beantworten. Denn jede Apotheke und jeder Arzt ist anders aufgestellt. Man kann aber festzustellen, dass die Kommunikation komplexer wird. Unsere Stärke ist die Vermarktung. Früher war das einfach, weil man auf die großen Medien – Print oder TV – zugehen konnte und eine Anzeige oder einen Spot schalten konnte, um die Endverbraucher, die Patienten, zu erreichen. Mit der Digitalisierung ist das komplexer geworden. Wir brauchen jetzt verschiedene Zugangswege.
"Wir haben vor zwei Jahren einen eigenen Bereich 'Digitalmarketing' installiert."Health Relations: Wie reagieren Sie als Unternehmen auf diese Entwicklung?Thomas Stadler: Wir bauen die Vermarktung noch stärker aus. Deshalb haben wir vor zwei Jahren einen eigenen Bereich "Digitalmarketing" installiert und vergrößern ihn sukzessive. Da sind wir aber nicht die einzigen in der Branche. Das machen viele Pharmafirmen. Health Relations: Wie sieht es mit der unternehmensinternen Zusammenarbeit aus? Gibt es Bereich, die aufgrund der Digitalisierung stärker miteinander kooperieren?Thomas Stadler: Ja, das ist tatsächlich so. Und das ist ein schöner Nebeneffekt der Digitalisierung. Das Silodenken ist vorbei. Früher hieß es: Hier ist Marketing, und da ist Trade Marketing. Jeder hat in seinem Bereich für sich gearbeitet. Das möchten wir nicht mehr, das funktioniert auch nicht mehr. Wir denken jetzt in Markenteams. Gerade die Bereiche Marketing und Trade Marketing arbeiten heute deutlich enger zusammen, weil die Maßnahmen, die man umsetzt, viel näher beisammen liegen. Health Relations: Für ein effektives Marketing sind Daten unerlässlich. Hier erhoffen sich viele Unternehmen von Künstliche Intelligenz wichtige Einblicke. Wie sehen Sie das?Thomas Stadler: Daten sind für alle das entscheidende Thema. Verbraucher wollen individuell angesprochen werden, und viele Unternehmen in anderen Branchen machen das schon sehr gut. In der Pharmabranche ist das insgesamt noch ausbaufähig. Hier sollte die Ansprache noch zielgerichteter werden – sei es in Richtung Endverbraucher, Arzt oder in Richtung Apotheke. Dafür brauchen wir passende Systeme. Hermes Arzneimittel baut diese Systemlandschaften gerade auf. Health Relations: Wo sehen Sie dabei die größten Herausforderungen?Thomas Stadler: Der Aufbau des Systems als Tool, also die technologische Seite, ist das eine. Mein Thema ist die Akzeptanz neuer Systeme und Prozesse bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir müssen sehr darauf achten, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerne mit neuen Technologien arbeiten, dass wir sie entsprechend anleiten und begleiten, dass sie das Potenzial neuer Technologien voll ausschöpfen können. Health Relations: Kommen wir noch einmal zu den Ärzt:innen und der Frage, wie digital diese sind. Das ist ja sehr unterschiedlich.Thomas Stadler: Ich kann Ihnen ein gutes Beispiel nennen: Es gibt die Initiative "Grünes Rezept" vom Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH). Ärzte haben unterschiedliche Möglichkeiten, wie sie an dieses Rezept kommen. Sie können es online oder per Fax bestellen. Man sollte meinen, dass die Bestellungen mittlerweile fast nur noch online erfolgen, doch das ist nicht so. Das Fax ist immer noch da. Wir brauchen noch Zeit für die Digitalisierung des Gesundheitswesens, aber der anstehende Generationswechsel hilft dabei. Bald werden sich die digitalen Kanäle durchsetzen.