Victoria Williams ist die erste Frau, die die Geschäftsleitung von GlaxoSmithKline (GSK) Pharma Deutschland übernommen hat. Mit diesem Schritt will das Unternehmen auch ein Zeichen des Wandels setzen, der im Hinblick auf die für Mitte 2022 geplante Abspaltung des Geschäftsbereichs Consumer Healthcare angelaufen ist.
In diesem Beitrag erfahren Sie:Health Relations: Sie sind seit Anfang des Jahres die neue Geschäftsführerin von GSK Pharma Deutschland. Wie gefällt Ihnen ihre neue Arbeit?Victoria Williams:Ich liebe meinen Job! Die Arbeit in einem Markt wie Deutschland ist mit einem hohen Tempo und viel Energie verbunden und das motiviert mich sehr. Bei GSK arbeiten sehr engagierte Menschen, die für die Patient:innen einen Unterschied machen wollen. Auf lokaler Ebene fühlt man dieses Ziel hautnah, und das finde ich sehr energetisierend.
Health Relations: Was waren Ihre ersten "Amtshandlungen"?Victoria Williams:In den ersten drei Monaten in meiner neuen Rolle als Geschäftsführerin habe ich über 400 GSK-Mitarbeiter:innen in ganz Deutschland sowie einige unserer Kund:innen getroffen, damit ich unsere Tätigkeit hier in Deutschland besser verstehen kann. Ich habe mich auch darauf konzentriert, die Wachstumsagenda von GSK voranzutreiben und die dafür notwendige kulturelle Reise des Unternehmens voranzutreiben.
Health Relations: Dieses Jahr soll sich für GSK ja einiges tun.
Victoria Williams:Ja, richtig. 2022 ist ein sehr wichtiges Jahr für GSK. Wir trennen uns von unserer Consumer Healthcare-Sparte, die unter dem Namen Haleon ein eigenständiges Unternehmen wird und fokussieren uns dann auf die beiden Bereiche Arzneimittel und Impfstoffe. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, in den nächsten fünf Jahren über 5 Prozent zu wachsen und die Gesundheit von mehr als 2,5 Milliarden Menschen positiv zu verändern. Das erreichen wir nur gemeinsam und mit den außergewöhnlichen Fähigkeiten aller Mitarbeiter:innen von GSK, auch in Deutschland.
Es gibt weder die eine weibliche noch die eine männliche Führungspersönlichkeit, vielmehr liegt in der Vielfalt mit all ihren Formen Kraft, Stärke, Fairness und Schönheit.
Was sind Ihre persönlichen Pläne für die Zukunft des Unternehmens? Victoria Williams:Unser Anspruch ist es, gemeinsam das Richtige zu tun, Innovationen voranzubringen und dabei immer das Wohl der Patient:innen im Fokus zu haben. Ich werde mich darauf konzentrieren, dass mit unseren Arzneimitteln und Impfstoffen mehr Patient:innen geschützt und behandelt werden können. Wir setzen uns nicht nur ehrgeizige Ziele für unsere Patient:innen, sondern leisten auch einen wichtigen
Beitrag, um zu wachsen.
Sie sind die erste weibliche Geschäftsführerin der deutschen Organisation. Spielt das für Sie eine Rolle? Victoria Williams:Ich freue mich sehr, Teil eines Unternehmens zu sein, das die Entwicklung von Frauen unterstützt. Ich finde es bedauerlich, dass wir diese 'Ersten' immer noch hervorheben müssen und dass die Gleichstellung der Geschlechter noch nicht die Norm ist. Ich glaube nicht, dass die Tatsache, dass ich die erste weibliche Geschäftsführerin von GSK Deutschland bin, etwas daran ändert, wie ich dieses Unternehmen führe. Es macht mich aber noch leidenschaftlicher, mich für die Gleichstellung der Geschlechter und Fairness für alle einzusetzen.
Health Relations: Glauben sie, dass so etwas wie weiblichen Führungsstil gibt?Victoria Williams:Es gibt weder die eine weibliche noch die eine männliche Führungspersönlichkeit, vielmehr liegt in der Vielfalt mit all ihren Formen Kraft, Stärke, Fairness und Schönheit. Vielfalt bringt unterschiedliche Meinungen, Erfahrungen und Perspektiven in die Teams und stärkt unsere Fähigkeit, die richtigen Entscheidungen für die Patient:innen zu treffen. Vielfältige Teams sind erfolgreicher und repräsentieren die Gesellschaft, in der wir leben, besser.
Health Relations: In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass von Unternehmen mehr und mehr erwartet wird, soziale Verantwortung zu übernehmen. Letztlich erwarten das auch die Konsumenten. Welche Strategie verfolgt GSK in dieser Sache?Victoria Williams:Bei GSK haben wir uns das Ziel gesetzt, bis 2025 einen Frauenanteil von 45 Prozent in höheren Management- und Führungspositionen ab "Vice President" aufwärts zu erreichen und liegen aktuell bei 40 Prozent - m Vergleich: In 2020 waren es noch 38 Prozent. Wir machen Fortschritte, aber es liegt noch ein langer Weg vor uns. Betrachtet man die gesamte Industrie über alle Branchen hinweg, würde es bei der aktuellen Geschwindigkeit 257 Jahre dauern, bis Geschlechterparität am Arbeitsplatz erreicht ist, laut des Global Gender Gap Reports des World Economic Forums. Frauen werden branchenübergreifend noch immer mit erheblichen Vorurteilen am Arbeitsplatz konfrontiert. Laut einem Bericht von McKinsey kommen auf 100 Männer, die in Führungspositionen aufsteigen, nur 86 Frauen. Wir müssen uns weiterhin für Gleichstellung einsetzen, indem wir Frauen und auch männliche Unterstützer mobilisieren. Wir müssen dafür sorgen, dass die Unternehmen über Maßnahmen und Unterstützungssysteme verfügen, um die Arbeitswelt für alle, insbesondere für Frauen, gerechter zu machen.
Agilität muss situativ angewandt werden.
Health Relations: Gendergerechtigkeit ist ja nur EIN Thema, mit dem sich Pharma beschäftigen muss. Wie muss sich die Branche in der nächsten Zeit anpassen, um für künftige Herausforderungen gewappnet zu sein?Victoria Williams:Ich denke, Pharmaunternehmen müssen agiler arbeiten. Wenn wir experimentieren, digitalisieren, uns auf Kunden konzentrieren und in funktionsübergreifenden Teams arbeiten, können wir schneller am Markt verfügbar sein. Damit setzen wir nicht nur das volle Potenzial unserer Innovationen frei, sondern machen auch einen Unterschied für die Patient:innen. Geschwindigkeit bedeutet nicht, bei der Medikamentensicherheit Abstriche zu machen. Es bedeutet, dass wir uns bewusst für Bereiche entscheiden, in denen wir schneller vorankommen können, und unsere Teams auf diese Bereiche ausrichten. Agiles Arbeiten basiert auf einer offenen Denkweise sowie Werten und Prinzipien wie Eigenverantwortung, Mut, Fokus, Offenheit und Respekt. Agilität muss situativ angewandt werden. Was in der Pandemie erreicht werden konnte, ist ein Beweis dafür, was agiles Arbeiten bewirkt: Letztlich können wir dadurch effizienter werden und mehr Patient:innen versorgen. Daraus müssen wir lernen.
Health Relations: Sie erwähnten die Digitalisierung. Die hat durch Corona einen deutlichen Sprung gemacht - auf allen Ebenen. Können Sie kurz umreißen, wie sich das in Ihrem Unternehmen zeigt, aber auch, wo Sie die Grenzen der Digitalisierung sehen?Victoria Williams: Die Corona-Pandemie hat vor allem die Arbeitsweisen verändert, sowohl bei unseren Mitarbeiter:innen als auch bei unseren Kunden und anderen Stakeholdern. Viele unserer Kunden wollen heute über verschiedene Kanäle mit uns in Kontakt treten, und wir müssen und möchten ihren Bedürfnissen gerecht werden. Das erfordert in vielerlei Hinsicht mehr Flexibilität und Schnelligkeit, ermöglicht diese aber gleichzeitig auch. Agile Arbeitsweisen eröffnen uns auch hier neue und schnellere Wege. Digitalisierung kann und wird den persönlichen Austausch nicht ersetzen, aber sie kann ihn ergänzen. Was die Pharmaindustrie auf so kurze Zeit geleistet hat, gepaart mit der Entschlossenheit, sich noch mehr für die Patient:innen einzusetzen, finde ich beachtlich.