Veränderte Bedürfnisse von Zahnärzten und Zahntechnikern stellen den dentalen Außendienst vor neue Herausforderungen. Teil 1 unserer Serie zur Relevanz des Außendienstes in Zeiten von Onlineshops und Telemedizin.

Unser Konsumverhalten hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten enorm verändert. Der Umgang mit digitalen Technologien bestimmt immer mehr unser Alltagshandeln. Online-Banking, elektronische Einkaufszettel, Reisebuchung im Internet und Smart TV sind normal geworden. WhatsApp und Facebook sind die Kommunikationsmittel der Zeit. Und auch das Gesundheitswesen folgt – wenn auch verzögert – diesem Trend; Stichwort: Telemedizin. Daran müssen sich Patienten und Behandler gleichermaßen gewöhnen. Während einerseits vor allem die elektronische Gesundheitsakte für Diskussionen in der Patientenschaft sorgt, stehen die Mitarbeiter von Zahnarztpraxen und Dentallaboren unter dem Druck, mithilfe von digitalen Innovationen ihre Arbeitsprozesse zu optimieren und eine interdisziplinäre Vernetzung zu gewährleisten. Doch auch Industrie und Handel sind unmittelbar von den Veränderungen betroffen – besonders der Berufszweig, der dem Kunden am nächsten ist. Die Außendienstmitarbeiter der Dentalbranche müssen sich nicht nur anpassen, sondern sollten bestenfalls vorneweg gehen, um ihre Klienten in den neuen Gefilden nicht allein zu lassen. Andernfalls laufen sie Gefahr, überflüssig zu werden.

Neue Windmühlen für die Ritter der Straße

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Die Wettbewerbssituation hat sich verändert: Der härteste Gegenspieler im Kampf um die Gunst des Zahnarztes ist nicht mehr der Verkäufer des Mitbewerbers. Stattdessen steht Manpower auf der Straße heute in Konkurrenz zu Onlineshops mit 24-Stunden-Lieferung und Dumpingpreisen. Der Außendienstmitarbeiter muss nicht mehr nur verkaufen und informieren können. In Zeiten, in denen der Verbraucher den Informationsfluss selbst steuert, bedarf es Einfühlungsvermögens und ganzheitlichen Know-hows, sonst ist man schnell weg vom Fenster. Der Kunde hat eine neue Erwartungshaltung. Er fordert individuelle Lösungen statt platter Produktpräsentationen. Denn Details und Preise kann er sich selbst mit einem Klick im Netz beschaffen – dafür braucht er keinen zeitraubenden Termin mit dem Außendienstler. Während man früher Produkte über die Zahlen und Fakten verkaufte, verkauft man heute über den Kundennutzen (Zeitersparnis, Arbeitserleichterung und Aufwandreduzierung).

Vom Produkt zur Problemlösung

Im Spannungsfeld Digitalisierung versus individuelle Betreuung braucht es also ein Umdenken im Vertriebssegment. Diesen Spagat zu schaffen, ist für traditionsreiche Hersteller und Händler nicht immer einfach. Doch viele von ihnen haben bereits ein neues Service-Bewusstsein entwickelt. Zahlreiche Firmen erweitern ihr Leistungsspektrum um Wartungs-, Reparatur- und Garantie-Services. Das Anbieten von Fortbildung und Beratung gehört mittlerweile zum guten Ton. Entsprechend haben sich die Aufgaben der Kollegen erweitert. Neben der Produktkenntnis müssen sie nun ein Technik- und Service-Verständnis mitbringen, um auch in Zukunft bei der Bestandspflege und Neukundenakquise erfolgreich zu bleiben. Außendienstmitarbeiter müssen die Bedürfnisse der Praxen und Labore erkennen, analysieren und mit ganzheitlichen Lösungsansätzen darauf reagieren. Ansonsten könnte sich irgendwann die Frage stellen: Braucht man den Außendienst überhaupt noch? Aus Herstellersicht ja. Wir sprachen mit den Vertriebsleitern zweier Dentalfirmen, für die der Außendienstmitarbeiter nach wie vor eine Schlüsselfunktion besetzt und die sich sicher sind, dass ihre Mitarbeiter die neuen Herausforderungen meistern werden. Sowohl W&H Deutschland als auch GC Germany sehen dabei die Lösung in der Verknüpfung von sozialer und fachlicher Kompetenz.

Roland Gruber, Leiter Vertrieb und Marketing Österreich und Deutschland, W&H

Roland Gruber, Leiter Vertrieb und Marketing Österreich und Deutschland, W&H Deutschland GmbH

Roland Gruber, Leiter Vertrieb und Marketing Österreich und Deutschland, W&H Deutschland GmbH

Wie wichtig ist der Außendienst für Ihr Unternehmen? Roland Gruber: Der Außendienst ist als Repräsentant nach außen für W&H enorm wichtig. Er ist das Gesicht der Firma und damit immer erster Ansprechpartner für Händler und für Kunden. Hat sich die Rolle dieses Bereichs in den letzten Jahren verändert? Roland Gruber: Für den Außendienst hat sich sehr viel verändert, wenn man an die Schlagworte „Internet of things“, „Industrie 4.0“ und „Digitalisierung“ denkt. Das Informationsverhalten unserer Kunden ist heute ein ganz anderes: Sie steuern selbst, welche Informationen sie zu welchem Zeitpunkt erhalten wollen. Entsprechend wird auch die Aufgabe des Außendienstes langfristig gesehen eine andere sein. Was sind die neuen Anforderungen, und welche Qualifikationen müssen Außendienstmitarbeiter heute mitbringen? Roland Gruber: Der Außendienst wandelt sich ganz klar vom klassischen Verkäufer zum Berater, der über Anwendungs-Know-how verfügt und die Abläufe in der Praxis kennt. Aber nicht die Fachkompetenz ist ein wichtiger Faktor, sondern auch die Beziehungspflege zum Kunden bzw. die soziale Kompetenz. Der Großteil unseres Außendienstes besteht aus Mitarbeitern, die im Schnitt seit über zehn Jahren bei W&H arbeiten und ihre Kunden dementsprechend gut kennen. Darauf legen wir großen Wert, denn W&H agiert nach dem Motto "People have Priority". Diesen Leitspruch leben wir gegenüber unseren Kunden und unseren Partnern, aber natürlich auch gegenüber unseren Mitarbeitern. Welchen Wert legen Sie auf die Schulung des Außendienstes, und welchen Ansatz verfolgen Sie dabei? Roland Gruber: Wichtig ist mir als Vertriebsleiter, dass die Schulung der Mitarbeiter einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt. Das heißt, dass der Außendienst nicht nur die Produkte, sondern auch die Anwendungen kennenlernt, und versteht, wie die Produkte in der Praxis verwendet werden. Dabei achten wir auf eine Kombination aus Theorie und Praxis. Einerseits werden bei uns in der Firma mit den Produktmanagern Schulungen im Labor durchgeführt. Andererseits finden praktische Übungen in Zahnarztpraxen bzw. chirurgischen Praxen statt. Wir erarbeiten außerdem für jeden Mitarbeiter einen individuell abgestimmten Schulungsplan. Hierbei ist der jeweilige Kollege selbst gefragt und gefordert, aktiv mitzuwirken. Wie schätzen Sie die Zukunft des klassischen Außendienstes ein? Und wie wichtig ist bzw. bleibt die persönliche Beziehung zum Kunden? Roland Gruber: Wie unsere Kunden arbeiten auch wir mit Menschen. Und der Mensch steht bei W&H – wie bereits erwähnt – im Mittelpunkt. In seiner neuen Rolle als Berater muss der Außendienst zwar immer mehr auf die individuellen Bedürfnisse der neuen Generation eingehen, die andere Dienstleistungen, Modelle, Geschäftsfelder etc. von uns erwartet. Dennoch bleibt nach wie vor die persönliche Beziehung für uns besonders wichtig. Lesen Sie ab 7. März im zweiten Teil unserer Serie zur Bedeutung des Außendienstes ein Interview mit Georg Haux, Prokurist und Leiter Sales & Marketing der GC Germany GmbH.
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