Seit fast zwei Jahren leitet Sandra Bunke-Kölblin das Marketing bei Dr. Kade / Besins GmbH. Ihr Ziel: Die integrierte Kommunikation auf allen Ebenen und Kanälen. Ihre Message: Wer erfolgreich Omnichannel-Marketing betreiben will, muss mutig sein – und sich von alten Denkmustern lösen.

"Als ich hier anfing, habe ich nicht nur prozessuale, sondern auch kapazitäre Veränderungen vorgenommen. So habe ich komplett den Bereich Omnichannel im Bereich Marketing aufgebaut und hierfür 4 neue Stellen geschaffen mit unterschiedlichen Aufgabenprofilen." Im Januar 2017 übernahm Sandra Bunke-Kölblin die Marketingleitung beim Joint Venture Dr. Kade / Besins mit der Zielsetzung, die Kommunikation des Pharma-Konzerns auf alle relevanten Kanäle auszuweiten und ein maßgeschneidertes Omnichannel-Konzept zu implementieren. "Das Unternehmen war in der Vergangenheit bereits gut aufgestellt, aber es fehlte die integrierte Kommunikation." Das hat die 42-Jährige geändert. "2017", sagt Bunke-Kölblin, "war das Jahr der Analyse. 2018 begannen wir mit dem Roll-out der daraus folgenden Maßnahmen. Wir installierten ein Kampagnensystem, hier fließen alle im Vorfeld definierten KPIs ein. Und wir entwickelten Redaktionspläne, die wir als Jahrespläne pro Indikation, Kanal und Customer Journey anlegten. Wir werden in Kürze auch das Team erweitern, um das Thema Data Analyse inhouse abzudecken, um uns noch stärker auf das Thema Zielgruppentargeting zu fokussieren." Daten, sagt sie, sind das Gold der Pharma-Industrie. "Aber welche Daten sind relevant für die Customer Journey? Das zu erkennen, das ist die große Kunst. Alle reden über Big Data, aber wenige können damit umgehen. Aber ich sehe Leuchttürme, immer mehr Unternehmen schaffen Stabsstellen, um Daten zielgerichtet einzusetzen. So wie wir es tun."
„Eigentlich ist der Begriff Digitales Marketing nicht mehr zeitgemäß. Er wirkt abgrenzend."
Digital und Data driven, das ist die Zukunft im Pharma-Marketing. Obwohl, hier widerspricht Sandra Bunke-Kölblin in Teilen. "Eigentlich ist der Begriff Digitales Marketing nicht mehr zeitgemäß. Er wirkt abgrenzend. Ein erfolgreiches Omnichannel-Marketing-Konzept umfasst eben nicht nur die digitalen Kanäle, sondern alle kommunikativen Maßnahmen. Es geht um ein integratives Kommunikationskonzept: von Social Media, PR, der Veranstaltungsorganisation auf Messen und Kongressen bis hin zur persönlichen Ansprache durch den Außendienst." Gerade letzterer ist in ihren Augen einer der wichtigsten Erfolgsgaranten im Marketing, da er Konstanten schafft und innerhalb der Customer Journey eine Schlüsselposition einnimmt. Umso wichtiger ist es, den Außendienst bewusst in die strukturellen Prozesse einzubinden und ihn als Teil eines funktionalen Omnichannel-Systems zu begreifen. Das heißt auch, dass der Außendienstmitarbeiter als Schnittstelle zwischen dem Arzt oder Apotheker und digitalen Maßnahmen fungieren und auf digitale Angebote hinweisen kann – und sollte. Zum Beispiel auf das Portal hormonspezialisten.de, das seit dem 1. März diesen Jahres online ist – und auf den Kern von Dr. Kade / Besins verweist. "Wir sind Hormonspezialisten. Das ist es, woher wir kommen. Das haben wir bisher nicht so klar nach außen kommuniziert." Zentrales Element dieses Fachkreisportals ist das Expertenboard. "Die wichtigsten Key Opinion Leader in Deutschland im Bereich der Hormontherapie haben wir dafür gewinnen können. Sie beantworten die Fragen von Kollegen online, auf Wunsch nicht öffentlich. Ein Tool, das der Customer Journey nützt. Zudem generieren wir auf diese Weise zusätzlichen Content, den wir zum Beispiel in Newslettern oder in Social Media einsetzen."
"Im kommenden Jahr gehen wir noch einen Schritt weiter. Das ist das Jahr, in dem wir in die automatisierte Kampagnensteuerung einsteigen werden."
Social Media: Viel wird in der Branche über das Potential sozialer Netzwerke gesprochen, aber dennoch ist die Mehrzahl der Pharma-Unternehmen auf den sozialen Kanälen eher zaghaft aktiv. Dieses Unbehagen teilt Sandra Bunke-Kölblin nicht. "Wir haben sehr viel Social Media-Arbeit angeschoben und waren sehr mutig." Der Mut hätte sich ausgezahlt. "Wir haben eine große Kampagne zum Thema Testosteron-Mangel gefahren und eine unfassbare hohe Conversion Rate erreicht. Sie lag bei über 47 Prozent. Wir haben ein gutes Zielgruppen-Targeting entwickelt und gelernt, an welchen Schrauben wir drehen müssen." Vor allem auf Facebook ist Dr. Kade / Besins aktiv. Zusätzlich setzen Bunke-Kölblin und ihr Team auf Kooperationen mit anderen Webseiten und Portalen. 2019 sind zudem Native Advertising Kampagnen mit großen Verlagshäusern geplant. "Im kommenden Jahr gehen wir noch einen Schritt weiter. Das ist das Jahr, in dem wir in die automatisierte Kampagnensteuerung einsteigen werden. Und wir werden eine Awareness-Kampagne für Patienten starten, die es so noch nicht gab. Wir werden hier Vorreiter sein."

Lieferanten oder Gestalter? Sandra Bunke-Kölblin fordert eine Neudefinition des Selbstverständnisses von Pharma

Sandra Bunke-Kölblin hat klare Ziele und den Blick fürs Ganze. Über Begriffe wie Beyond the pill mag sie eigentlich gar nicht mehr reden. "Sind wir Lieferanten – oder Gestalter? Pharma kann sich von anderen Branchen viel abgucken. Zum Beispiel von der Autoindustrie. Die verkauft nicht nur Autos, sondern Mobilität. Wir verkaufen nicht nur Medikamente. Wir schaffen Lebensqualität. Genau das müssen wir transportieren, auch, um das Mind Setting in der Gesellschaft zu verändern. Denn Pharma hat nach wie vor ein Glaubwürdigkeitsproblem und wird nicht wertgeschätzt." Um diesen ganzheitlichen Ansatz zu fahren, braucht es eine Umdenken in den Konzernen selber. "Die Digitalisierung verändert unser Geschäftsmodell. Die Pharmaunternehmen, die verstanden haben, dass Ökosysteme, Joint Ventures oder Partnerschaften wichtig sind, werden die großen Player sein. Weil sie sich zusammentun in Netzwerken. Dazu gehören auch die Krankenkassen und Spitzenverbände. Mit denen müssen wir sprechen. Und das tun wir auch."

"Gesagt ist nicht gehört, gehört ist nicht verstanden und verstanden ist nicht einverstanden."

Die Kommunikation auf allen Ebenen und Kanälen hat sich Sandra Bunke Kölblin auch als Vorgesetzte auf die Fahnen geschrieben. "Change-Management ist nur auf dem Papier einfach, es braucht Geduld, um alle Parteien mitzunehmen. Ich sage sowohl meinem Team als auch mir selbst immer: ‚Gesagt ist nicht gehört, gehört ist nicht verstanden und verstanden ist nicht einverstanden‘. Das muss sich eine Führungskraft immer wieder ins Gedächtnis rufen. Aber: Man kann nicht genug für Veränderung werben, man kann nicht genug darüber reden, man muss dieses Tal durchschreiten. Und dann, dann klappt das auch!"
Zur Person: Sandra Bunke-Kölblin ist Marketingleiterin bei Dr. Kade / Besins GmbH und zudem Beirat der Initiative Healthcare Frauen e.V.. Die 42-Jährige lebt mit ihrem Mann und ihrem achtjährigen Sohn in in Düsseldorf und in Berlin.