Ländlich = unattraktiv? Nicht so das Harzklinikum Dorothea Christiane Erxleben. Wie es der Klinik gelingt, Mitarbeiter zu gewinnen und zu binden.
Dorothea Christiane Erxleben. Nur den wenigsten Bewerbern am gleichnamigen Harzklinikum ist bekannt, dass das der Name der ersten promovierten deutschen Ärztin ist und Quedlinburg ihr Wirkungsort war. Die Klinik liegt am Rande des Harz. Warum die Lage von Vorteil ist und was das Klinikum zu bieten hat, erklärt Personalentwicklerin Ellen Struckmeyer im Interview.Health Relations: Kommen Ihre Mitarbeiter und Bewerbungen vorwiegend aus der Region oder rekrutieren Sie bundesweit?Ellen Struckmeyer: Das Harzklinkum ist an den Klinikstandorten Wernigerode, Quedlinburg, Ballenstedt und Blankenburg vertreten. Bewerbungen beziehen wir bundesweit, vor allem im Ausbildungsbereich. Generell erleben wir, dass viele – auch Ärzte – mit ihrer Bewerbung eine Rückkehr in ihre Heimat verbinden. Oftmals haben Ärzte nicht heimatnah studiert und ihre Wechselbereitschaft ist etwas höher als im Pflegebereich, in dem die Bewerber häufig aus der Region stammen. Andere haben bereits im Harz Urlaub gemacht und kennen daher unsere tolle Region.
In einer kommunalen Klinik steckt viel mehr Herzblut, als in einem Großkonzern – das ist natürlich nicht messbar.
Health Relations: Welche Angebote überzeugen Bewerber, zu Ihnen zu kommen?Struckmeyer: An erster Stelle steht die weithin anerkannte Ausbildung in unserer Krankenpflegeschule und im medizinischen Bereich. Famulanten, PJler und Auszubildende spiegeln uns, dass sie mit der Ausbildung sehr zufrieden sind. Wir sind ein kommunales Krankenhaus, unsere Strukturen bieten individuelle Gestaltungsfreiräume, die es den Mitarbeitern ermöglichen, sich zu verwirklichen. Das bedeutet für viele ein großes Plus. In einer kommunalen Klinik steckt viel mehr Herzblut, als in einem Großkonzern – das ist natürlich nicht messbar. Wir sind Lehrkrankenhaus der Universität Magdeburg, verfügen über beste Weiterbildungsmöglichkeiten und sind im Facharztbereich sehr gut aufgestellt. Für PJler und Famulanten bieten wir zudem das „Rundum-sorglos-Paket“: Wir stellen eine zentrale Wohnung, kostenfreie Verpflegung, eine Vergütung und bieten einen sehr engen Draht zu den Ausbildern. So können sich PJler und Famulanten ganz auf ihre Ausbildung konzentrieren. Ein Angebot, das sehr gut angenommen wird.
Health Relations: Mit welchen Konzepten binden Sie Mitarbeiter langfristig?Struckmeyer: Viele Mitarbeiter binden wir bereits sehr früh. Im Jahr 2015 haben wir das Dorothea-Christiane-Erxleben-Stipendium eingeführt. Ab dem 3. Studienjahr erhalten Stipendiaten monatlich 450 Euro, eine interessante Stelle für die Famulatur und das PJ, und ihnen steht im Anschluss ein Arbeitsplatz als Weiterbildungsassistent im angestrebten Fachgebiet zur Verfügung. Sie haben quasi einen festen Job in der Tasche. In welchen Fachbereichen wir einen hohen Bedarf an Ärzten in Weiterbildung haben, ändert sich jährlich. Wir haben die erfreuliche Erfahrung gemacht, dass anschließend sehr viele der jungen Ärzte bei uns im Harzklinikum bleiben wollen. Das hängt natürlich davon ab, welche Stellen gerade verfügbar sind.
Es ist uns wichtig, echt zu bleiben. Und da brauchen wir uns nicht zu verstecken.
Health Relations: Es ist Ihnen wichtig, als Arbeitgeber authentisch aufzutreten. Wie gelingt das?
Struckmeyer: Beispielsweise sind die Menschen, die in unseren Broschüren und auf der neuen Karriereseite abgebildet sind, alles echte Mitarbeiter – keine Model-Testimonials. Künftig planen wir, dort Mitarbeitervideos aus verschiedenen Berufsgruppen einzustellen, damit Bewerber sich ein authentisches Bild davon machen können, wer hier arbeitet. Und – vielleicht im Gegensatz zu einem anderen Kliniken – werden die Bewerber diese Mitarbeiter dann auch in ihrem Klinikalltag kennenlernen. Es ist uns wichtig, echt zu bleiben. Und da brauchen wir uns nicht zu verstecken.
Health Relations: Am Harzklinikum kann man sich auf drei Wegen bewerben: Per Post, E-Mail und per Online-Bewerbungsformular. Warum?
Struckmeyer: Das haben wir ganz bewusst offengelassen, um die Hürden für eine Bewerbung so gering wie möglich zu halten. Jeder kann seinen Lieblingsweg wählen. Es gibt erstaunlicherweise noch viele Bewerbungen in Papierform – und das nicht nur bei Älteren. Wenn gerade keine passende Stelle frei ist, können sich Interessierte für den Job-Newsletter anmelden.
Die attraktive Region mitten in Deutschland bietet nicht nur gute Arbeitsbedingungen, sondern auch tolle Freizeitmöglichkeiten.
Health Relations: Der Harz ist keine Wirtschaftsmetropole, gilt aber als touristisch sehr reizvolle Ferienregion. Werben Sie auch mit dem Freizeitwert der Region?
Struckmeyer: Die attraktive Region mitten in Deutschland bietet nicht nur gute Arbeitsbedingungen, sondern auch tolle Freizeitmöglichkeiten: Ob Aktivsein in der Natur rings um den Nationalpark Harz oder vielfältigste Kulturangebote und lebendige Innenstädte. Das zeigt auch unser Imagefilm: Von Moutainbiken über Kanufahren bis zu „Harz Adrenalin“, von Weihnachtsmärkten bis zu Open air-Konzerten – bei uns im Harz kann man wirklich viel erleben. Wir brauchen nicht viel Überzeugungsarbeit leisten.
Health Relations: Sie beschreiben Ihren Standort als attraktiv – trotz bzw. gerade aufgrund der ländlichen Lage.Struckmeyer: Unbedingt! Hier kann man das Kleinstadt-Feeling spüren, ohne Hektik rund um die Uhr. Und es gibt alle Möglichkeiten, um den Alltag lebenswert zu gestalten, dazu eine vielfältige Bildungslandschaft bis zur Hochschule Harz. Hinzu kommt unsere Lage: Großstädte wie Hamburg, Hannover, Berlin, Leipzig, Dresden oder Frankfurt sind per Bahn und Auto schnell zu erreichen.
Ellen Struckmeyer ist Personalentwicklerin beim Harzklinikum Dorothea Christiane Erxleben. Das kommunale Krankenhaus der Schwerpunktversorgung in Sachsen-Anhalt ist mit mehr als 2.000 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb im Landkreis Harz. Das Klinikum betreibt zwanzig Fachabteilungen, drei Tageskliniken und ein Rehabilitationsheim und erzielt einen Jahresumsatz von etwa 135 Millionen Euro.