Pre-Launch-Phase: Auf Medical Affairs kommt es an

147
Porträt Dr. Christoph Bug, VP Global Medical, Veeva Systems
Dr. Christoph Bug, VP Global Medical, Veeva Systems © Veeva Systems
Je besser Medical Affairs HCPs und Key Opinion Leader schon vor dem Launch eines neuen Produkts informiert, desto erfolgreicher verläuft die Markteinführung. Das hat eine Veeva-Studie zu Krebsmedikamenten in den USA ergeben. Ist das auch auf den deutschen Markt übertragbar?

Eine Studie zu Krebsmedikamenten in den USA zeigt, dass eine fundierte, wissenschaftliche Kommunikationsstrategie in der Pre-Launch-Phase den Erfolg einer Markteinführung maßgeblich beeinflussen kann.  Laut Veeva Pulse Report erzielten Life Sciences-Unternehmen, die im Vorfeld einer Markteinführung mehr in wissenschaftliche Informationsmaßnahmen investierten, eine 40 % schnellere Akzeptanz der neuen Therapie als jene Unternehmen, die weniger investierten.

Eine zentrale Rolle dabei spielt das Medical Affairs Team, das die unterschiedlichen Maßnahmen – Präsenz auf Kongressen, Social-Media-Aktivitäten, wissenschaftliche Publikationen, Leitlinien und klinische Studien – koordiniert. Bereits der letztjährige Veeva Pulse Report hat gezeigt, dass umfassende Informationen über Indikation und Patientenpfade vor der Markteinführung durch die Medical Affairs Teams vor Ort die Zahl der Patienten mit neuen Therapien nach der Zulassung sogar um 50 Prozent steigern können.

Auch wenn sich diese spezielle Studie auf Krebsmedikamente in den USA konzentriere, seien die Ergebnisse weitgehend auf andere Therapiegebiete und Regionen übertragbar, sagt Dr. Christoph Bug, VP Global Medical, Veeva Systems. „Auch in anderen Therapiegebieten wie der Kardiologie, Immunologie oder Neurologie kann die frühzeitige Einbindung von KOLs im Rahmen von Kongressen und anderen wissenschaftlichen Aktivitäten vor der Markteinführung die Akzeptanz von Therapien beschleunigen.“ Hinzu kommt, dass die europäischen Märkte häufig den US-Trends folgen.

Pre-Launch-Phase: Kongresspräsenz führt zu höherer Akzeptanz

Obwohl klinische Studien und Veröffentlichungen wichtige Grundlagen der Wissenschaftskommunikation sind, zeigt der Pulse Report laut Bug, dass es eine schwächere Verbindung zwischen diesen Aktivitäten und der Akzeptanz einer Behandlung gibt. Anders verhält es sich bei Kongressaktivitäten. Sie haben der Studie zufolge einen starken Einfluss auf die Adoptionsrate von Medikamenten. „Kongresse tragen dazu bei, die Einführung neuer Arzneimittel zu beschleunigen, da sie als Plattform dienen, um Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung der medizinischen Öffentlichkeit gezielt näher zu bringen“, erläutert Dr. Christoph Bug. „Die Veranstaltungen dienen somit als Beschleuniger nicht nur des Diskurses unter den Fachleuten, sondern auch der breiteren Kommunikation und führen im Normalfall schnell zu Veränderungen in der Behandlungsrealität.“

„Kongresse tragen dazu bei, die Einführung neuer Arzneimittel zu beschleunigen, da sie als Plattform dienen, um Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung der medizinischen Öffentlichkeit gezielt näher zu bringen.“

Bei den im Pulse Report untersuchten Krebsmedikamenten habe sich gezeigt, dass eine verstärkte Präsenz auf Kongressen vor der Markteinführung die Akzeptanz der Behandlung nach der Zulassung deutlich beschleunigt habe. „Höhere Investitionen in diese Aktivitäten sind der stärkste Treiber für klinische Entscheidungen nach der Zulassung. Diese Veranstaltungen fördern frühzeitige Gespräche und ein tieferes Verständnis der neuen Daten unter HCPs.“

Zudem spiele der Halo-Effekt dem Medical Affairs Team in die Hände. Dieser Effekt tritt auf, wenn wissenschaftliche Informationen, die auf Kongressen ausgetauscht werden, durch anschließende Online-Diskussionen, beispielsweise in den sozialen Medien, eine stärkere Wahrnehmung und steigende Reichweite erfahren.

Junge HCPs als Key Opinion Leader einsetzen

„Die Wahrscheinlichkeit, dass Nachwuchsexperten sich an digitalen Diskussionen beteiligen und Erkenntnisse austauschen, ist um das Elffache höher als bei im Durchschnitt 15 Jahre älteren HCPs“, weist Dr. Christoph Bug auf das Potenzial von jungen HCPs und KOLs hin. „Darüber hinaus besteht eine fünfmal höhere Wahrscheinlichkeit, dass sie auf Kongressen Vorträge halten, und eine siebenmal höhere Wahrscheinlichkeit, dass sie ihre Ergebnisse veröffentlichen. Dies stärkt die Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse und ermutigt andere HCPs, ihrem Beispiel zu folgen.“

Mit den richtigen Daten relevante KOLs finden

Ein datengestützter Ansatz kann Medical Affairs-Teams dabei helfen, relevante KOLs und Expert:innen zu identifizieren. Detaillierte Daten über Aktivitäten wie Kongresse, Social Media Posts und Publikationen ermöglichen eine Priorisierung und gezielte Ansprache. „Durch ein besseres Verständnis der digitalen und wissenschaftlichen Verhaltensmuster dieser Zielgruppe können Medical Affairs Teams ihre Ressourcen gezielter einsetzen und so die wirkungsvollsten Wege zur Interaktion identifizieren.“

Durch die Beobachtung der Teilnahme von KOLs an relevanten Konferenzen können Medical Affairs Teams diese in entscheidenden Momenten kontaktieren und sich über neue Therapien austauschen. Darüber hinaus liefert die Beobachtung der Aktivitäten von KOLs in sozialen Medien wichtige Informationen über ihren Einfluss und ihre Reichweite in ihren jeweiligen Netzwerken. Auch dies gibt Aufschluss über die Bereitschaft eines KOL, sich auszutauschen, zu diskutieren und neue Therapien zu befürworten. Mit diesen Informationen können Medical Affairs Teams ihre Interaktionen strategisch planen und genau auf die individuellen Interessengebiete zuschneiden, um Wirkung und Relevanz zu maximieren.

Interne Strukturen und crossfunktionale Teams

Medical Affairs-, Marketing-, Vertriebs- und Serviceteams müssen eng zusammenarbeiten, um bereits in der Pre-Market-Phase an den richtigen Stellschrauben drehen zu können. Beispielsweise ist der Fortschritt einer klinischen Studie eine wesentliche Informationsgrundlage für die Interaktion von Medical Science Liaisons (MSLs) mit KOLs. Darüber hinaus können vor Ort gewonnene medizinische Erkenntnisse die Entwicklungsstrategie maßgeblich beeinflussen.

Fazit: Strategische Markteinführungskommunikation

  •  Definition einer zielführenden Strategie und deren Umsetzung auf Aktivitätenebene, idealerweise bereits in der klinischen Entwicklungsphase mit Studien- und Publikationsplanung.
  • Im zweiten Schritt folgt der Expertendialog vor der Zulassung durch Medical Affairs in der Launch-Phase.
  • Koordination der Aktivitäten von Clinical, Medical Affairs, Marketing und Sales, um sowohl eine konsistente positive Kundenerfahrung als auch eine effiziente Umsetzung über die Silos hinweg sicherzustellen.
  • Benchmarking der Investitionen in die wissenschaftliche Öffentlichkeitsarbeit. Gezielte Erfolgsmessungen für die verschiedenen Aktivitäten der Wissenschaftskommunikation ermöglichen fundierte Entscheidungen und die Ableitung von Maßnahmen zur Effizienzsteigerung.
  • Datenbasierte Identifikation und Priorisierung von Expert:innen. Dazu gehört auch die gezielte Ansprache junger Expertinnen und Experten. Durch die gezielte Ansprache dieser Personen können Life-Sciences-Unternehmen neue Möglichkeiten für den wissenschaftlichen Austausch schaffen und durch den Austausch von Informationen die Behandlung von Patienten verbessern.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein