Im Healthcare-Markt kämpfen immer mehr Produkte, OTC wie Rx, um Aufmerksamkeit. Egal, ob neu auf dem Markt oder in der Position des Verteidigers, für den Erfolg einer Marke ist mutige kreative Kommunikation entscheidend, sagt Olaf Reys, Creative Director von Schmittgall HEALTH.

Am wichtigsten für die Kommunikation ist der Nutzen eines Produkts. Diese Botschaft kommt einem in der klassischen Healthcare-Kommunikation wahrscheinlich zuerst in den Sinn.  Bei Arzneimitteln ist das in der Regel die Wirksamkeit. Und ja, dieser Produktnutzen ist auch das relevante Entscheidungskriterium für Verordner:innen von Rx-Präparaten und für Käufer:innen von OTC-Arzneimitteln. Doch was macht eine Marke, wenn ihr Patent ausläuft oder wenn es vergleichbare Produkte auf dem Markt gibt?

Spätestens dann braucht man neben einer einzigartigen auch eine mutige Kommunikation. Hat das Produkt eine über den Nutzen hinausgehende Eigenschaft, die es einzigartig macht, lässt es sich kommunikativ über diesen USP vom Wettbewerb differenzieren. Mit anderen Worten: Hier ist Creative Bravery gefragt.

Creative Bravery – was ist das?

Unter Creative Bravery versteht man eine transformative Denkweise, die Neugier, Vorstellungskraft und Mut miteinander kombiniert. Dabei geht es nicht nur um kreative Ideen, sondern auch um die Einbindung neuer Technologien in den Kreativprozess, zum Beispiel durch Virtual Production oder Künstliche Intelligenz (KI). Creative Bravery ist somit ein ganzheitliches Konzept, das den Prozess der Ideenfindung und -umsetzung aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet und ihm dank innovativer Technologien zu neuem Storytelling verhilft.

Gesundheitsmarken brauchen mehr Gefühle

Egal wie kreativ und mutig eine Idee ist, erst durch eine fundierte Strategie unter Berücksichtigung zielgruppenspezifischer Insights wird sie unumstößlich. Das heißt, Kommunikatoren müssen die Zielgruppe verstehen und wissen, was sie antreibt, was sie fühlt. Emotionen spielen bei fast allen Entscheidungen eine sehr große Rolle. Für Healthcare Kommunikation bedeutet das: Gesundheitsmarken brauchen mehr Gefühle, wenn sie die Herzen der Käufer:innen bzw. Verordner:innen gewinnen wollen. Und wie wir alle aus unserem eigenen Leben wissen: Echte Gefühle erfordern echten Mut!

„Viele UnterneHmen stecken ihre Budgets in Kampagnen, die ihrer Komfortzone entsprechen. Die Angst ist groß, potenzielle Verorder:innen oder Käufer:innen mit spitzen oder gar kontroversen Aussagen zu verschrecken.“

Emotionale Kommunikation erfordert eine doppelte Portion Mut. Unternehmen wollen, dass sich ihre Produkte erfolgreich im Markt etablieren. Und Unternehmen wissen auch, dass sie dafür Geld in die Hand nehmen müssen. Allerdings stecken viele ihre Budgets in Kampagnen, die ihrer Komfortzone entsprechen. Es heißt schließlich nicht umsonst: „Never change a running system“. Die Angst ist groß, potenzielle Verorder:innen oder Käufer:innen mit spitzen oder gar kontroversen Aussagen zu verschrecken. Creative Bravery bedeutet weitaus mehr als nur provokant zu sein. Es geht vielmehr darum, Ideen für eine ungewöhnliche Marken-Experience zu finden. Creative Bravery bedeutet daher auch, klassische Printmotive zu einer positiven Marken-Experience weiterzudenken.

Beispiel: Eine Awareness-Kampagne für mehr Bewegung zeigt auf einer Print-Anzeige Menschen auf einer Bergspitze. Um das „Erlebnis“ auch als Virtual-Reality-Experience zu kommunizieren, können Menschen über eine VR-Brille an öffentlichen Plätzen weitläufige Panoramen virtuell erleben. So weckt man bei der Zielgruppe die Sehnsucht, diese Orte im echten Leben zu sehen. Und genau das erreicht man eben durch Bewegung. Im Idealfall motiviert man mit dieser interaktiven Maßnahme als „Verlängerung“ einer klassischen Print-Anzeige Menschen tatsächlich zur Bewegung.

Mutige Kreationen mit Künstlicher Intelligenz

Wenn man von mutiger Kreation redet, muss man heute auch über KI-Tools sprechen. Aber gar nicht so sehr, weil es eine neue Technologie ist, sondern weil sie sowohl Agenturen als auch Unternehmen vor eine ungewöhnliche Herausforderung stellt: die Arbeit mit dem Zufall.

Kreative sind es gewohnt, jeden Buchstaben, jedes Pixel und jeden Keyframe unter Kontrolle zu haben. Bei KI-generierten Bildern, Videos oder gar Stimmen sind sie jedoch gezwungen, sich auf den Zufall einzulassen. Umso wichtiger ist es, die neue Technologie zu beherrschen und somit auch den Zufall, so gut es geht. Gleichzeitig aber auch zu wissen, wann die Grenze des Möglichen ausgereizt ist und neue Prompt-Versuche unwirtschaftlich werden.

Creative Bravery braucht Glauben

Doch egal wie kreativ oder innovativ eine Idee der Kreativagentur ist, am Ende müssen Marketingentscheider und -entscheiderinnen auf Unternehmensseite an sie glauben, Budgets freigeben und auch die Verantwortung für die gesamte Kommunikation tragen. Der Appell an sie lautet daher: aus einer mutigen Entscheidung, eine rationale machen. Dafür ist es ratsam, sich die Strategie hinter der Idee anzuschauen. Haben die Kreativen die Zielgruppe verstanden? Kann sich diese mit dem Storytelling identifizieren? Wenn die Antworten „Ja“ lauten, dann kann es sich lohnen, das jeweilige Kreativkonzept umzusetzen und damit neue Wege zu gehen.

Fazit

Creative Bravery wird in der Healthcare Kommunikation zum Match, wenn folgende Faktoren zusammenkommen:

  • Strategie und Emotion
  • Ungewöhnliche Marken-Experience
  • Technologieverständnis
  • Glaube an das Konzept

Es ist oft ein steiniger Weg, bis all diese Faktoren zusammenkommen. Ein Weg, der aufseiten der Agenturen und der Marketingentscheider:innen Mut erfordert. Ein Weg, der sich am Ende auszahlt, wenn man sich mit seinem Produkt im Markt wirklich abheben und damit erfolgreiche wie effiziente Kommunikation machen will. Und wie könnte das besser gelingen als mit Creative Bravery?