Versorgungslücken erkennen & schließen: Kann Pharma helfen?
Insbesondere bei spezifischen Erkrankungen können Versorgungslücken bestehen, die Patient:innen und Behandelnde vor große Herausforderungen stellen. Genau hier können pharmazeutische Unternehmen ansetzen – und die Initiative ergreifen. Dr. med. Anna Stechele, DP-Medsystems, erklärt wie.
Die heutige Gesundheitslandschaft ist komplex, nicht bei jeder Erkrankung ist eine gerechte und ausgewogene medizinische Versorgung die Norm. Pharmaunternehmen können dazu beitragen, die Situation zu verbessern. Durch die gezielte Zusammenarbeit mit verschiedenen Stakeholdern und die Umsetzung koordinierter Maßnahmen sind sie in der Lage, einen wesentlichen Beitrag zur Schließung von Versorgungslücken zu leisten. Dabei wird auch die Position des Unternehmens als verantwortungsvoller Partner im Gesundheitswesen gestärkt.
Steering Committee – das 360°-Gremium
Ein Pfeiler einer solchen Versorgungsinitiative ist ein gemischtes Steering Committee. Alle wesentlichen „Krankheits-Akteure“ werden dabei an einen Tisch gebracht. Vertreter:innen der Patientenorganisation, von der Erkrankung Betroffene und ihre Angehörigen sowie ärztliche und ggf. auch nicht-ärztliche Behandelnde aus Klinik und Niederlassung sollten mit von der Partie sein. Dieses Gremium ermöglicht eine 360°-Betrachtung der Erkrankung, die Identifizierung der Versorgungslücken und schafft die Grundlage für ein gemeinsames Verständnis. Zentraler Erfolgsfaktor dabei ist das langfristige Engagement aller Beteiligten – inklusive des im Hintergrund unterstützenden Pharmaunternehmens – durch regelmäßige Treffen, aktive Mitwirkung und kontinuierliche Evaluation der einzelnen Maßnahmen. Zudem darf das Thema Neutralität bei einer Versorgungsinitiative nicht unterschätzt werden. Eine neutrale Instanz, die das Geschehen steuert, kann die Unabhängigkeit des Projekts gewährleisten und eine unbeeinflusste Diskussion ermöglichen. Das kann beispielsweise eine medizinische Fachkommunikationsberatung mit Erfahrung in der spezifischen Erkrankung sein. Diese neutrale Instanz kann zudem unabhängig zwischen den jeweiligen Interessen vermitteln und als Bindeglied fungieren.
Zahlen, Daten, Fakten – wesentlicher Baustein
Wie sieht die aktuelle Versorgunslage aus? Welcher Bedarf besteht und welche Bedürfnisse müssen berücksichtigt werden? Antworten auf diese Fragen zu haben, ist für ein fundiertes Verständnis unerlässlich. Als Grundlage dient eine aktuelle Datenerhebung. Hierzu identifiziert das gemischte Steering Committee unter Koordination der neutralen Instanz die Versorgungs-Protagonisten, evaluiert das Befragungs-Setting und setzt zielgruppenspezifische Fragebögen auf. Die anschließende Datenerhebung und -analyse erfolgt in der Regel in enger Zusammenarbeit mit einem Marktforschungsinstitut. Die Analyseergebnisse ermöglichen eine detaillierte Identifikation der bestehenden Versorgungslücken aus der 360°-Perspektive. Im nächsten Schritt leitet das Steering Committee daraus strategische Ansatzpunkte ab – individuell zugeschnitten auf die relevanten Akteure, sprich Betroffene und ihre Angehörigen bzw. die an der Behandlung Beteiligten. Im Rahmen eines Think Tanks erarbeitet das Steering Committee dann Lösungsmaßnahmen bzw. Projektideen zu den einzelnen strategischen Ansatzpunkten. Es folgt die Priorisierung nach Dringlichkeit und Umsetzungskapazitäten, sodass ein strukturierter Projektplan entsteht.
Berücksichtigung unterschiedlichster Bedürfnisse
Mit einer klaren Aufgabenverteilung startet dann die aktive Umsetzungsphase der einzelnen Projektideen. Die Bandbreite reicht hierbei von ersten Konzeptskizzen bis hin zur konkreten Ausarbeitung einzelner Maßnahmen. Durch regelmäßigen Austausch, Präsentation der Zwischenergebnisse, Rückmeldung aus den unterschiedlichen Perspektiven des Steering Committees und einer daraus resultierenden Feinjustierung entstehen so maximal bedarfsgerechte Maßnahmen.
Hierzu zählen, neben unterschiedlichen Formaten rund um das Thema Patient Empowerment, auch Maßnahmen zur Verbesserung der Kommunikation und für mehr „quality time“ im Gespräch zwischen Behandelnden und Betroffenen. Auch für im Versorgungsalltag herausfordernde Aspekte kann das gemischte Steering Committee durch Einbringen seiner 360°-Perspektive individuell und mit Fingerspitzengefühl für die Zielgruppen Schulungs- und Vernetzungskonzepte mit einem echten Versorgungs-Mehrwert erarbeiten. Das können zum Beispiel die Optimierung der Zusammenarbeit von niedergelassenen und in der Klinik tätigen Ärtz:innen oder die stärkere Vernetzung ärztlicher und nicht-ärztlicher Behandelnden sein.
Fazit
Eine Versorgungsinitiative kann nachhaltig dazu beitragen, Lücken in der Versorgung spezifischer Erkrankungen detailliert zu identifizieren und effizient zu schließen. Gleichzeitig stärkt sie das Renommee des Pharmaunternehmens als Partner auf Augenhöhe in wissenschaftlichen, aber auch versorgungstechnischen Belangen. Dabei müssen allerdings folgende Punkte beachtet werden.
- Optimierung der Versorgung bedarf mehr als reines Patient Empowerment: Es erfordert eine ganzheitliche Betrachtung und aktive Einbindung aller Akteure – realisiert durch Aufsetzen eines „gemischten“ Steering Committees.
- Eine neutrale Koordination der verschiedenen Interessengruppen schafft Unabhängigkeit und Vertrauen.
- Aktuelle Daten zur Versorgungslage aus unterschiedlichen Perspektiven bilden die Grundlage zur Identifizierung von Versorgungslücken und Ableitung möglicher Handlungsfelder.
- Die enge Zusammenarbeit mit einem gemischten Steering Committee ermöglicht die strukturierte Einbindung der unterschiedlichsten Perspektiven und der Entwicklung bedarfsgerechter und zielgerichteter Maßnahmen für individuelle Anforderungen von Betroffenen und Behandlern.
- Langfristige Zusammenarbeit als Schlüssel zum Erfolg: Ein nachhaltiges Engagement aller Beteiligten sichert den langfristigen Erfolg der Versorgungsinitiative.