„Für uns im Klinikum Dortmund ist es der Rhythmus von Teamarbeit", heißt es unter dem Youtube-Video, mit dem das Dortmunder Klinikum auf sich aufmerksam machen und als attraktiven Arbeitgeber präsentieren will: Ein OP wird hier zum Orchestergraben. Wir sprachen mit Marc Raschke, dem Leiter der Unternehmenskommunikation.
Das Video beginnt eigentlich, wie man es von einer Dokumentation erwarten würde: Es zeigt eine OP-Situation, in der Ärzte geräuschvoll mit Instrumenten hantieren. Doch dann erscheinen die Sätze:
„Für manche mögen es nur OP-Geräusche sein. Für uns ist es Rhythmus.“ Und allmählich geht das Sägen, Hämmern, Piepen, Quietschen und Bohren in Musik über. Später im Clip dann die Frage: „Beherrschen Sie ein Instrument?“ und schließlich die Aufforderung: „Dann werden Sie Teil unseres Orchesters. Bewerben Sie sich.“ Der Clip ist kreativ, humorvoll und mal etwas anderes.
Die Idee funktioniert: Man bleibt hängen, hört die Musik erneut und klickt vielleicht weiter zur Webseite mit den
Stellenausschreibungen des Dortmunder Klinikums.
Sägen, Hämmern, Bohren - der Sound des OPs
Das Konzept hinter dem Video zum Rhythmus von Teamarbeit stammt von Marc Raschke, Leiter der Unternehmenskommunikation im Klinikum Dortmund. Im Interview erzählt er, wie es auf die Idee kam, OP-Geräusche aufzunehmen und wie das Krankenhaus Social Media für die Öffentlichkeitsarbeit nutzt.
Health Relations: Sie werben mit einem ungewöhnlichen Video um die Aufmerksamkeit potenzieller Mitarbeiter. Wie kam es zu dieser Idee?Marc Raschke: Als ich zu Anfang meiner Karriere als PR-Mensch im Krankenhaus und damit als Laie die ersten Male im OP war, fielen mir schon damals die Geräusche auf, die es im OP typischerweise gibt: Sägen, Bohren, Hämmern - das war für das „Laien-Ohr“ teilweise schon sehr skurril, aber zugleich fiel auch auf, dass alles in einem OP einer gewissen „Dramaturgie“, also einem gewissen Drehbuch folgt. Und da selbst Geräusche Musik sind, dachte ich immer auch:
Das ist hier eine ganz eigene „Symphonie der Geräusche“ im OP, und wer die Leidenschaft fürs Operieren teilt, wird über diese Geräusche, diese Symphonie getriggert werden können.
Natürlich sollte man die Geräusche noch etwas „musikalischer“ machen – sprich: noch etwas mehr den Rhythmus „pitchen“ bzw. hervorheben. Und so war die Idee zum Video geboren. Herumgetragen habe ich sie also schon ein paar Jahre mit mir. Nicht zuletzt spricht man ja auch im OP-Bereich von Instrumenten. Und da lag die Analogie zum „Orchester“ als Teamarbeit nahe.
Health Relations: Wer hat das Video produziert?Marc Raschke: Das Video habe ich selbst aufgenommen. Für die Aufnahme der Töne habe ich dabei mit einem
Produzenten des Orchesterzentrums NRW zusammengearbeitet. Der hat quasi die Tonspur gemischt. Ich habe dazu dann die entsprechenden Videosequenzen geschnitten.
Health Relations: Welche Resonanz haben Sie auf das Video erhalten?Marc Raschke: Das Medienecho auf den Rhythmus von Teamarbeit war groß,
so berichtete etwa der WDR darüber. Das ist natürlich eine gigantische Reichweite und zeigt auch, mit wie wenig Mitteln eine große Aufmerksamkeit zu erreichen ist. Insgesamt war das Echo im Haus und in der Bevölkerung auf das Projekt absolut positiv.
Health Relations: Haben Sie dadurch tatsächlich mehr Bewerbungen erhalten?Marc Raschke: Wir erheben leider nicht flächendeckend und lückenlos, aus welchen Gründen sich Menschen bei uns bewerben. Da haben wir sicherlich noch Optimierungsbedarf im Monitoring.
Wir sind aber in der Bevölkerung mit dem Video einmal mehr als innovatives Krankenhaus aufgenommen worden – und das zahlt sich schon aus. Letztlich ist das Video aber auch nur ein Baustein unter vielen in unserem Personalmarketing – und man darf die Erwartungen an den Effekt eines solchen Videos in Zeiten eines gewissen medialen Überangebots auch nicht überhöhen.
Junge Menschen im Ausbildungsalter erreichen
Health Relations: Nutzen Sie weitere Medienkanäle, um auf sich aufmerksam zu machen?Marc Raschke: Wir nutzen sämtliche mögliche Kanäle, vor allem auch sehr stark Social-Media-Kanäle wie Facebook, YouTube, Instagram, Snapchat, Jodel oder WhatsApp. Da sind wir als Krankenhaus in Deutschland auch Vorreiter und bereits
vielfach ausgezeichnet worden.
Health Relations: Warum setzen Sie bei der Mitarbeitergewinnung auch auf soziale Medien wie Facebook, WhatsApp und Co.?Marc Raschke: Wir bedienen damit letztlich die veränderten Mediengewohnheiten der Menschen. Außerdem lassen sich über die einzelnen Kanäle die unterschiedlichen Zielgruppen viel genauer ansprechen. Das ist natürlich optimal für ein effektives Marketing. So ist zum Beispiel der Kanal Instagram heutzutage meiner Meinung nach unerlässlich für ein Krankenhaus, wenn man junge Menschen im Ausbildungsalter erreichen will. Das
Profil des Klinikums Dortmund auf Instagram ist mit inzwischen über 5.000 Abonnenten auch das reichweitenstärkste Profil eines Krankenhauses in Deutschland. Das Krankenhaus, das auf Instagram auf Platz zwei in Deutschland ist, hat gerade einmal halb so viele Abonnenten.
Letztlich sollten aber meiner Meinung nach auch deshalb möglichst viele soziale Kanäle bedient werden, da sie vielfältig das Lebensgefühl der Menschen widerspiegeln – und dieses Lebensgefühl sollte die Kommunikationsabteilung (nicht nur) eines Krankenhauses immer im Blick haben, wenn es Aktionen etc. plant.
Ich entdecke immer noch viele Anzeigen, die noch auf die menschlichen Wahrnehmungsmuster aus dem letzten Jahrhundert getrimmt sind.
Health Relations: Sind Sie damit ganz weg von der klassischen Stellenanzeige? Hat die vielleicht ausgedient?Marc Raschke: Ganz weg sind wir davon natürlich noch nicht, denn auch Print als Kanal hat ja heutzutage durchaus noch seine Berechtigung bzw. Zielgruppe. Aber Print ist eben nicht mehr die universell glücklich-machende, eierlegende Wollmilchsau für eine Stellenanzeige bzw. das Personalmarketing, wie das vielleicht noch vor zehn bis 15 Jahren war. Heute entscheidet der Medien-Mix, die „Köder“ müssen mit mehr Bedacht ausgelegt werden. Und da bin ich ein großer Anhänger der Idee, dass der Wurm nicht dem Angler, sondern dem Fisch schmecken muss.
Vor diesem Hintergrund gibt es branchenweit und gerade im Print-Bereich noch „Luft nach oben“, wenn es um eine optimierte Aufmerksamkeit der geschalteten Stellenanzeigen geht.
Ich entdecke immer noch viele Anzeigen in den einschlägigen Zeitungen und Magazinen, die noch auf die menschlichen Wahrnehmungsmuster aus dem letzten Jahrhundert getrimmt sind. Auch in dem Punkt sind wir im Klinikum derzeit dabei, uns neu aufzustellen. Personalmarketing muss meiner Meinung nach ganzheitlich und aus einem Guss erfolgen - und das bedeutet: ALLES muss angefasst und im Hinblick auf die Strategie überprüft und ggf. optimiert werden.
Marc Raschke ist Journalist und Leiter der Unternehmenskommunikation des Klinikums Dortmund. Nach dem Studium in Münster und Volontariaten bei der WAZ und brand eins gründete er seine eigene PR-Agentur auf der Zeche Zollverein in Essen.Bild: © Klinikum Dortmund