So will Roche-Tochter RoX Health Gesundheitsapps voranbringen
Mit RoX Health hat Roche ein Tochterunternehmen ins Leben gerufen, das sich auf das Thema DiGA konzentriert. Wir haben den Geschäftsführer Robert Schnitzler zu seinen Zielsetzungen befragt und erfahren, welche digitalen Gesundheitsanwendungen in seinen Augen erfolgversprechend sind.
Robert Schnitzler: Wir hatten immer eine klare Idee, wie wir RoX Health aufsetzen und positionieren wollen. Davon hat uns die Pandemie nicht abgehalten und auch nicht wesentlich behindert. Im Gegenteil: die Akzeptanz für die Digitalisierung im Gesundheitswesen ist in diesen Zeiten gestiegen – das hat uns eher in die Karten gespielt. Wir konnten unsere Geschäftsaktivitäten wie geplant beginnen und unser wunderschönes Office in Berlin-Kreuzberg beziehen – mit Blick auf die Spree und die Oberbaumbrücke.
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Health Relations: Herr Dr. Schnitzler, im Frühjahr wurde RoX Health gegründet. Dann kam die Pandemie. Hat COVID-19 Ihre Geschäftsideen durcheinandergewirbelt?"Wir sehen uns als eine Art Getriebe zwischen Start-up-Welt und Konzern."Health Relations: RoX Health ist eine Tochtergesellschaft von Roche. Wie sehen Ihre Ziele im Detail aus?Robert Schnitzler: Unser übergeordnetes Ziel als Company-Builder ist es, gemeinsam mit anderen relevanten Playern im Markt die Gesundheitsversorgung von morgen mitzugestalten und voranzubringen: hin zu einem personalisierten, vernetzteren und digitaleren Gesundheitsökosystem. Wir sind überzeugt davon, dass intelligente digitale Gesundheitslösungen in Zukunft eine zentrale Rolle innerhalb therapeutischer Gesamtkonzepte einnehmen werden. Health Relations: Warum existiert diese Tochtergesellschaft überhaupt, hätte es nicht gereicht, eineinterne Abteilung für diese Ziele einzurichten?Robert Schnitzler: Wir haben in unserer Gründungsphase mit zahlreichen Start-ups gesprochen und ihnen vor allem genau zugehört. Wir wollten sicher sein, dass wir ihre spezifischen Bedürfnisse exakt verstehen. Basierend auf diesem Verständnis haben wir uns dann bewusst für eine separate GmbH-Struktur entschieden. So haben wir unser Herz und Ohr näher am Markt, können schneller auf Marktanforderungen und Bedürfnisse von Gründern eingehen und damit eine andere Dynamik an den Tag legen. Wir sehen uns als eine Art Getriebe zwischen Start-up-Welt und Konzern. Die starke Verbindung und das Netzwerk zu Roche bleiben uns dennoch erhalten. Health Relations: Ihre Außendarstellung ist poppiger als die des Mutterkonzerns, die Website dominiert eine eher ungewöhnliche Kombi aus rotem Hintergrund und blauer Schrift.Robert Schnitzler: Der Auftritt der RoX ist in der Tat etwas mutig und außergewöhnlich. Dass Sie heute darüber sprechen, zeigt, dass er auffällt. Damit ist eines unserer Ziele schon einmal erreicht. Es ist aber auch Ausdruck unseres modernen Kulturverständnisses und unserer gelebten Nähe zur Start-up-Welt, schließlich sind wir ja selbst Pioniere. Health Relations: Wie kommt die Zusammenarbeit zustande? Wenden sich die Start-ups an Sie oder suchen Sie Kandidaten?Robert Schnitzler: Wir arbeiten über unterschiedliche Wege zusammen. Zum einen haben wir bei RoX erfahrene Experten mit eigenen starken Netzwerken in die Gründerszene. Unser COO Gabriel Enczmann war beispielsweise als Mitgründer von MySugr tätig, einer erfolgreichen digitalen Gesundheitslösung im Bereich Diabetes, die später von Roche erworben wurde. Auf Unternehmer und Start-ups gehen wir aktiv zu und engagieren uns auf verschiedene Weise in unterschiedlichen Acceleratorprogrammen wie Vision Health Pioneers in Berlin oder dem H+ Digital Health Innovation Programme. Das ist ein Kombiprogramm des InsurtechHub München mit dem Medical Valley Nürnberg. Über unsere Diagnostics-Kollegen bei Roche befinden wir uns zudem im Austausch zu den Aktivitäten bei startup creasphere, einem internationalen Accelerator-Programm mit Plug-and-play. Neben unseren eigenen Screenings des Digital Health Marktes erreichen uns auch direkte Anfragen von Gründern und Start-ups. Und auch über unsere Konzernnetzwerke werden wir auf die ein oder andere interessante Unternehmung aufmerksam gemacht.
"Wir arbeiten zurzeit mit zwei Start-ups im Bereich der Früherkennung von Demenzerkrankungen wie Alzheimer zusammen."Health Relations: Wann ist eine DiGA für Sie spannend, wann startet eine Zusammenarbeit? Robert Schnitzler: Derzeit sind wir insbesondere an Unternehmungen im Bereich der onkologischen sowie neurodegenerativen Erkrankungen interessiert. Wir halten vor allem Ausschau nach digitalen Lösungen, die sich später in ein Ökosystem und eine Datenarchitektur mit möglichst standardisierter Aussagekraft über den Gesundheitszustand eines Menschen integrieren lassen. Dabei begleiten wir Start-ups zum einen in frühzeitigen Entwicklungsphasen beim Aufbau ihres Geschäftsmodells. Zum anderen unterstützen wir Start-ups auch zu einem späteren Zeitpunkt, wenn bereits ein marktfähiges digitales Produkt vorliegt, die Prüfung durch die BfArM ansteht und das Produkt anschließend in die Kommerzialisierung geht. Health Relations: Wie viele Start-ups haben Sie 2020 unter Ihre Fittiche genommen und welche Formen der Zusammenarbeit gab es?Robert Schnitzler: Wir arbeiten zurzeit mit zwei Start-ups im Bereich der Früherkennung von Demenzerkrankungen wie Alzheimer zusammen. ki elements, ein Spin-Off des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), begleiten wir bei der Entwicklung ihres Geschäftsmodells. Neotiv, ein Spin-Off der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, das eng mit dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) zusammenarbeitet, hat bereits ein CE-zertifiziertes Produkt. Dort geht es darum, den Weg durch den regulatorischen Prozess vorzubereiten, um als DiGA anerkannt und als Versorgungsleistung erstattet und im Gesundheitswesen angewendet zu werden. Und im Bereich Brustkrebs bereiten wir gerade selbst eine Ausgründung einer digitalen Lösung vor. Health Relations: Welche Vermarktungskonzepte halten Sie persönlichen im Bereich DiGA für erfolgversprechend? Immerhin ist auch dieser Markt ein umkämpfter.Robert Schnitzler: Diejenigen Lösungen halten wir für vielversprechend, die den größten Zusatznutzen für den Patienten bringen. Denn nur dann werden diese digitalen Anwendungen auch vom Patienten angenommen und genutzt. Nehmen wir zum Beispiel einen Alzheimer-Patienten: Im Rahmen eines persönlichen Arztbesuchs bekommt der Arzt stets nur eine Momentaufnahme seines Allgemeinzustands. Kann der Patient dem Arzt jedoch longitudinale Ergebnisse aus einem kontinuierlichen digitalen Monitoring durch seine Smartphone-App zur Verfügung stellen, so erhält der Arzt ein deutlich besseres Bild über seinen Krankheitsverlauf und kann daraus präzisere Rückschlüsse ziehen. Das bietet einen enormen Mehrwert und führt letztlich zu einem besseren Diagnose- und Therapieergebnis für den Patienten. Health Relations: Generell, aus Ihrer Erfahrung heraus: Wo hakt es bei den Start-ups im Healthcare-Segment am meisten, wo ist Unterstützung gefragt?Robert Schnitzler: Oft bringen Start-ups sehr gute technische Lösungen mit, sind aber nicht damit vertraut, wie das deutsche Gesundheitssystem funktioniert: von der Nutzenbewertung über die Erstattung bis hin zur Kommerzialisierung. Hier können wir mit unserer Erfahrung und Expertise aus dem Gesundheitsbereich helfen. Health Relations: Welcher Player auf dem Markt bringt Dynamik ins Spiel, wenn es um die DiGA geht: der Patient oder der Arzt? Robert Schnitzler: Es wird immer auf das Zusammenspiel von Patient und Arzt ankommen. Nur wenn diese Interaktion funktioniert, kann das Therapieergebnis nachhaltig verbessert werden. Das gilt auch für den Einsatz von DiGA und bedeutet: Wir müssen sowohl den Patienten, als auch den Arzt im Blick haben. Unsere Frage ist stets: Wie schaffen wir nachhaltigen Mehrwert und Zusatznutzen für ein besseres Ergebnis für den Patienten? Health Relations: Bleiben wir beim Arzt: Wie können Unternehmen den Ärzten ihrer Meinung nach helfen, das Potenzial der digitalen Gesundheitsanwendungen zu erkennen, vor allem aber auch auszuschöpfen?Robert Schnitzler: Zunächst braucht es Transparenz und Information, dabei können Unternehmen und relevante offizielle Stellen helfen. Auch der Health Innovation Hub der Bundesregierung sowie der Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung e.V. leisten hierbei großartige Arbeit. Wir brauchen aber auch gesellschaftliche Akzeptanz. Hier müssen alle mithelfen: Unternehmen, Politik, Patientenorganisationen, Krankenkassen. Das Konzept der DiGA ist immer noch recht neu, und der Arzt muss wissen: Welche DiGA gibt es? Wie läuft der Prozess? Wie kann eine DiGA meine Arbeit unterstützen? Health Relations: Kommunizieren Sie die Angebote von RoX Health in Fachgruppen oder ähnliches?Robert Schnitzler: Bisher haben wir unsere Angebote und Leistungen noch nicht explizit in ärztlichen Fachgruppen kommuniziert, sind aber bei Interesse gerne bereit, unsere Ideen und Ansätze dort zu präsentieren. Aktuelle Informationen wie zum Beispiel unsere Videoserie zu digitalen Lösungen rund um Alzheimer finden Sie auf unserem LinkedIn-Kanal oder auf unserem Neuro Special auf unserer Homepage.
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