Chatbots sind unbekannt, Therapie-Apps ungeliebt, und von Diagnostik-Apps haben immerhin die meisten Ärzte "schon mal gehört". Das zeigt eine aktuelle Online-Umfrage.
Es soll einfacher werden. Für das Krankenhaus insgesamt, für den einzelnen Arzt und natürlich für den Patienten. Aber trotz aller Vorstöße bei der
elektronischen Patientenakte, Gesundheits-Apps und Video-Sprechstunden ist die Digitalisierung im Gesundheitswesen noch nicht wirklich angekommen, wie es scheint. DAK-Gesundheit und die Ärzte Zeitung haben für den
"Digitalisierungsreport 2019" 2300 Ärztinnen und Ärzte online befragt, wie sie zur Digitalisierung stehen.
Neuland: Chatbots, Video-Sprechstunden, Online-Coachings
© Ada Health (Screenshot)
Von
Chatbots wie "
Ada Health" haben viele Ärzte noch nie gehört. Deutlich bekannter dagegen ist die
Video-Sprechstunde zwischen Arzt und Patient: So bietet zum Beispiel die TeleClinic GmbH in Kooperation mit der kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg via
DocDirect eine webbasierte Fernbehandlung an. Oftmals sind es aber nur solche Modellversuche – die wenigsten Ärzte bieten Online-Sprechstunden selbst an. Und wie sieht es bei
Online-Coaching-Angeboten aus? Programme wie
Deprexis24 sollen Patienten bei der Krankheitsbewältigung helfen. Knapp jeder fünfte Arzt hat mit Coaching-Apps schon selbst zu tun gehabt.
Ärzte werden sich darauf einstellen müssen, dass ihre Patienten digitale Befunde mit in die Praxis bringen. Gleichzeitig verlieren sie damit die Hoheit über das Erfassen aller Patientendaten. "Der Arzt oder sonstige Health Professional muss bereit sein, sich auf diese neue Kommunikationskultur einzulassen", schreibt Gerlinde Bendzuck, eine der Autorinnen des Digitalisierungsreports. "
Angst vor Kontrollverlust der ärztlichen Deutungshoheit an ein digitales Erfassungsgerät in den Händen des Patienten sollte der Erkenntnis weichen, dass ein nachhaltig gutes Therapieergebnis am besten auf dem Weg einer partizipativen Entscheidungsfindung erzielt wird."
Nur ein überzeugter Arzt empfiehlt eine App
© Preventicus (Screenshot)
Doch dazu müssen die Ärzte selbst davon überzeugt sein, dass die Digitalisierung ihre tägliche Arbeit verbessert.
Therapie-Apps beispielsweise sollen die Therapieadhärenz des Patienten fördern. Aber jeder dritte Arzt sieht darin keinen Nutzen, weitere 44 Prozent "vielleicht". Das führt dazu, dass Apps, die im Markt sind, nicht ihre ganze Wirkung zeigen können. Recht bekannt und vor allem auch bei den Ärzten vergleichsweise erprobt
– 17 Prozent haben schon damit konkret zu tun gehabt
– sind
Diagnostik-Apps. Beispiel
Preventicus: Das Start-up aus Jena ermöglicht Puls- und Herzrhythmusmessung per Smartphone-Kamera und Blitzlicht.
Wichtig ist zu wissen:
Nicht jede Diagnostik-App hat auch eine Zulassung als Medizinprodukt. Ein Hindernis für den Arzt, der dies beurteilen muss, denn in Deutschland fehlt es an einer einheitlichen und unabhängig qualifizierten Übersicht. Hier ist noch Bewegung im Markt: Ab 2020 werden mehr Apps als Medizinprodukte gelten, wie das
Deutsche Ärzteblatt online berichtet.
Online-Terminvereinbarung ist etabliert
Am vertrautesten sind Deutschlands Ärzte mit der
Online-Terminvereinbarung und dem
elektronischen Arztbrief. "Dort, wo der konkrete Nutzen am ehesten spürbar ist, werden Ärzte am ehesten aktiv", heißt es in dem Report. "Die Digitalisierung des Gesundheitswesens lässt sich nicht zurückdrehen. Und im europäischen Vergleich hat Deutschland digitalen Nachholbedarf", zog Andreas Storm, Vorsitzender des Vorstandes der DAK-Gesundheit, bei der Vorstellung der Studie in Berlin sein Fazit.