Seit dem 1. März greift die Neuregelung für den Antibiotikaeinsatz in der Tiermedizin. Wir erklären, was die Neufassung der Tierärztlichen Hausapothekenverordnung (TÄHAV) für Tiermediziner bedeutet.

Aus Sicht von Dr. Siegfried Moder, Präsident des Bundesverbandes praktizierender Tierärzte (bpt), ist der 1. März kein erfreulicher Tag für Tierärzte gewesen. Die Neufassung der Tierärztlichen Hausapothekenverordnung, heißt es in der bpt-Presseerklärung, bedeute für Tierärzte eine Zunahme der Rechtsunsicherheit und für Landwirte, Kleintier- und Pferdehalter eine Kostenzunahme der antibiotischen Behandlung ihrer Tiere, ohne dass damit ein Nutzen für die Gesundheit von Mensch und Tier verbunden sei. Es herrscht Unmut bei den Tierärzte-Interessenverbänden. Dabei ist man sich bei der Zielsetzung dieser Neuregelung durchaus einig: Mit der Neufassung nach § 12c der TÄHAV will der Gesetzgeber einen zielgenaueren Einsatz von Antibiotika in der Tiermedizin erreichen – und zwar vor allem bei Nutztieren, ein Anliegen, das der Bundesverband der praktizierenden Tierärzte grundsätzlich unterstützt. Dennoch ruft die frisch verabschiedete Neufassung keine Begeisterung hervor. Der Entschluss sei schlicht zu unausgereift und treibe die Kosten in die Höhe. Auch Dr. Uwe Tiedemann, Präsident der Bundestierärztekammer (BTK), sieht die Novellierung kritisch.  „Die Tierärzteschaft unterstützt das Ziel, Antibiotikaresistenzen zu minimieren, uneingeschränkt. Nicht ohne Grund hat die BTK schon im Jahr 2000 freiwillige Leitlinien zum sorgfältigen Umgang mit Antibiotika entwickelt. Auch vor dem Hintergrund, dass die Menge der in der Tiermedizin verwendeten Antibiotika in den letzten Jahren um mehr als die Hälfte gesunken ist, bedeutet die nun getroffene Regelung eine so nicht notwendige bürokratische Belastung für Tierärzte und eine finanzielle Belastung für Tierbesitzer“, heißt es in der BTK-Pressemitteilung vom 2. Februar.

Die Neufassung der Tierärztlichen Hausapothekenverordnung: Das bedeutet sie für Tierärzte

Die Novellierung der TÄHAV reguliert den Antibiotikaeinsatz nicht nur bei Nutz- sondern auch bei Haustieren strenger. Eingeführt werden ein Umwidmungsverbot, eine Antibiogrammpflicht sowie umfangreiche Dokumentationsvorschriften. Unterschieden wird zwischen Gruppen- und Einzeltierhaltung, für welche wiederum unterschiedliche Voraussetzungen festgelegt worden sind, die eine Anitibiogrammpflicht auslösen. Es reicht, wenn nur eine dieser formulierten Bedingungen zutrifft: Zum Beispiel führt schon ein Wechsel des verwendeten Präparats im Therapieverlauf zu einer Dokumentations- und Antibiogrammpflicht seitens des Tierarztes. Bei Kleintieren sind allerdings nur Hund und Katze von dieser Regelung betroffen, und zwar, wenn ein für die Tierart nicht zugelassenes Antibiotikum, also eine Umwidmung stattfindet, und wenn ein für die Humanmedizin als kritisch geltendes Antibiotikum zum Einsatz kommt. Die entstehenden Kosten bei Anfertigung eines Antibiogramms – im Einzelfall circa 80 Euro – müssen laut bpt Landwirte, Kleintier- und Pferdehalter tragen. Die angefertigten Antibiogramme sollen helfen, fachlich fundierte Aussagen über die Empfindlichkeit des untersuchten bakteriellen Erregers gegenüber antibakteriellen Wirkstoffen zu liefern. So weit, so unklar. Denn wie ein solches Antibiogramm nach den neuen rechtlichen Vorgaben erstellt werden muss, ist nicht wirklich festgelegt: In der TÄHAV spricht der Gesetzgeber von einem „verfügbaren, national oder international anerkanntem Verfahren“, was doch recht vage formuliert ist. Hier herrscht offensichtlich Klärungsbedarf. So schwammig, wie diese Vorgaben definiert sind, so massiv sind die Aufwände bei Dokumentations- und Nachweispflicht. Ein Mehraufwand, der aus Sicht der Tierärzte eben zu keiner nennenswerten Verbesserung der Therapie führt. Der neuen Regelung entsprechend müssen beispielsweise neben Anwendungs/Abgabedatum auch das Untersuchungsdatum, das geschätzte Gewicht des Tiers, Ausnahmen vom Umwidmungsverbot oder von der Antibiogrammpflicht angegeben werden. Die Neufassung der Tierärztlichen Hausapothekenverordnung bedeutet für Tierärzte in erster Linie einen Mehraufwand, den sie nur in Teilen ihren Patienten in Rechnung stellen können. Der Nutzen dieser Novellierung ist indes nicht absehbar. Hier, so bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder, fehle es an einer im Verordnungstext verankerten Begründung, warum die vorgesehenen Maßnahmen der TÄHAV erforderlich und verhältnismäßig seien. Doch so groß der Unmut auch sein mag: Seit dem 1. März greifen die neuen Regelungen, und Tierärzte sind damit gezwungen, sich mit den neuen Vorgaben auseinanderzusetzen – trotz unbestimmter Rechtsbegriffe und Formulierungen, bei denen nicht ganz eindeutig ist, wie sie letztlich auszulegen, anzuwenden und/oder korrekt zu dokumentieren sind. Um hier Klarheit zu schaffen, trafen sich am 10. April die Vertreter der Tierarztverbände mit den für die Überwachung der Maßnahmen zuständigen Ländervertretern (AG TAM), um über Auslegungshinweise zu sprechen. Die Ergebnisse dieses Dialogs sollten Tierärzte unbedingt im Auge behalten.
  • Die Neufassung der Tierärztlichen Hausapothenverordnung finden Sie hier.
  • Grafiken und Entscheidungshilfen bezüglich der Frage, wann die Antibiogramm-Pflicht greift, finden Sie hier.
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