Direktvertrieb im Online-Shop: Ein Modell für den Gesundheitsmarkt
Pharmaunternehmen sollten sich mit dem digitalen Direktvertrieb von Produkten beschäftigen. Viele Konsument:innen kaufen inzwischen direkt bei Markenshops, wenn diese ihre Bedürfnisse erfüllen. Wie Pharmaunternehmen durch D2C ihre Margen ausbauen und Kundeninsights gewinnen können, beschreibt Sven Korhummel, geschäftsführender Gesellschafter von cyperfection, in diesem Beitrag.
- Welche Vorteile und Chancen Direct-to-Consumer-Modelle beinhalten
- Inwieweit Direktvertriebs-Modelle auf den Gesundheitsmarkt übertragbar ist
- Welche Rolle D2C für Daten und Insights spielen kann
- Fazit: Wie Herausforderungen strategisch angegangen werden können
Was ist D2C?
Eine D2C-Strategie umfasst den Direktvertrieb von Gütern oder Dienstleistungen vom Hersteller zu Endkund:innen. Im Gesundheitskontext sind das Patient:innen bzw. Menschen, die digital nach freiverkäuflichen, gesundheitsfördernden Produkten suchen. Die Beziehung zu Kund: innen wird auf digitalem Weg ohne jeden Zwischenhändler hergestellt – in letzterem liegt auch die Abgrenzung zum Begriff E-Commerce: Denn hier kann durchaus ein Zwischenhändler via Marktplatz zwischengeschaltet sein, zum Beispiel eine Online-Apotheke. Bei D2C-Strategien steht der direkte Verkauf über den eigenen Webshop im Vordergrund.Vorteile und Chancen von D2C-Modellen
"Cutting out the middle man" – der offensichtlichste Vorteil eines D2C-Modells ist der Wegfall von Handelspartnern, wie Großhändlern, und die entsprechend höheren Margen, die sich erzielen lassen. Doch es gibt noch weitere Benefits: Unternehmen verringern die Konkurrenz durch Handelsmarken und reduzieren die Gefahr, dass der Handel – insbesondere neue – Produkte nicht listet. Was Corona mitsamt Lockdown deutlich gemacht hat: Ein Vertriebsweg, der nicht darauf angewiesen ist, dass Kund:innen physischen Zugang zum Einzelhandel haben, sichert im Extremfall das wirtschaftliche Überleben einer Marke. D2C-Modelle gelten auch aus Gründen, die nicht so direkt ins Auge stechen als zukunftsweisend und chancenreich. Diese Punkte sind langfristig möglicherweise sogar noch wichtiger als höhere Margen. Vor allem betrifft das die Gewinnung von Kundendaten sowie deren Auswertung und Nutzung. Der zweite Punkt ist die Kontrolle über die Inszenierung der eigenen Marke: Liegt die gesamte User Journey in den Händen des Herstellers, beinhaltet das die Chance, die eigene Kommunikation und die eigenen Services über alle Schnittpunkte hinweg nach eigenem Wunsch zu gestalten – und Kund:innen so ein Markenerlebnis ohne Brüche und Irritationen zu verschaffen.Welche Vorteile hat D2C für Pharmaunternehmen?
Vielfältige Regularien lassen die Übertragbarkeit von D2C-Modellen auf den Gesundheitsbereich als zweifelhaft erscheinen – und im RX-Bereich sowie bei apothekenpflichtigen Medikamenten trifft das auch zu. Für alle anderen Angebote innerhalb des Gesundheitsmarktes gilt das aber nicht. Im Gegenteil, gerade, weil diese Branche Neuerungen gegenüber traditionell zurückhaltend agiert, besteht jetzt noch die Chance, eine Vorreiterrolle einzunehmen und sich so Wettbewerbsvorteile und Marktanteile zu sichern. Welche Vorteile hat das für Pharma?- Vertrauen gewinnen: Beim Online-Shoppen sind Nutzer:innen im Gesundheitsbereich eher zurückhaltend, etwa aus Furcht vor Produktfälschungen. Genau das lässt sich beim direkten Vertrieb durch Hersteller aushebeln – hier wissen Nutzer:innen genau, mit wem sie in Kontakt treten. Der Faktor Vertrauen ist bei Direktkäufen gerade im Consumer-Healthcare-Bereich ein Pfund, mit dem sich wuchern lässt.
- Kundenbeziehungen aufbauen: Die direkten Kundenbeziehungen können langfristig Loyalität zur Marke erzeugen: Trust und Markenbindung sind wichtige Kaufargumente für Verbraucher:innen, wenn es um die Erhaltung ihrer Gesundheit geht. Der markeneigene Online-Shop kann hierbei unterstützen.
- Schlanker Vertrieb, schlanker Außendienst: Auch wenn der Consumer-Healthcare-Markt sich nicht auf Apotheken beschränkt, lassen sich am beispielhaften Vertriebsweg via Apotheke etliche Punkte verdeutlichen. Zwischenstationen, wie etwa der Großhandel, fallen weg. In diesem Zusammenhang ist aber auch mögliches Einsparpotenzial durch einen schlankeren Außendienst ein weiterer Aspekt.
- Schließung von PoS-Lücken: Die Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt langsam, aber sicher. Damit werden die angestammten potenziellen Points of Sale weniger. Diese Lücke selbst zu schließen, mit konsequent digitalen Mitteln, erscheint naheliegend.
- Kundenbedürfnisse erfassen: Dabei lässt sich auch eine der Schwächen des seit Jahrzehnten bestehenden Modells ausbügeln: Gesundheitsunternehmen kennen ihre Kund:innen und deren Bedürfnisse zurzeit im Prinzip nur aus zweiter Hand – im Gegensatz zur Apotheke vor Ort. Künftig können Pharmaunternehmen wertvolle Kundeninsights gewinnen und darauf basierend positive Kundenerlebnisse schaffen.