Auch wenn PR nicht unmittelbar "verkauft", kann sie dennoch nachweisbare und langanhaltende Erfolge erzielen. Wie zeitgemäße PR einen wertvollen Impact im Kommunikations-Mix haben kann und warum Silo-Denken oldschool und sogar kontraproduktiv ist, skizzieren Claudia Wilke und Melanie Kroska von PINK CARROTS in ihrem Beitrag für Health Relations.
Wer in den 1920ern Zigaretten an Frauen verkaufen wollte, pries diese nicht direkt an (Werbung), sondern stilisierte
Rauchen zu einem Akt der Emanzipation (PR). Ein junger Mann namens Edward Bernays sollte für die American Tobacco Company den Markt der Raucherinnen erobern. Eine rauchende Frau war zu der Zeit in den USA noch ein Skandal. Bernays brach das Tabu mit einer raffinierten Strategie: Er engagierte eine Gruppe Feministinnen, die während der traditionellen Osterparade auf der Fifth Avenue in New York Zigaretten aus ihren Strumpfbändern zogen und diese in aller Öffentlichkeit rauchten. Vorab hatte Bernays die Presse informiert, dass während der Parade Frauenrechtlerinnen „Fackeln der Freiheit“ entzünden würden. Die Journalist:innen waren dabei und die Tageszeitungen berichteten am nächsten Tag über das skandalöse Ereignis. Die Zigarette wurde zum Symbol der emanzipierten Frau – und American Tobacco erzielte mit seiner Marke Lucky Strike gigantische Umsätze.
Bernays Kniff:
Er kreierte ein Ereignis, das Ereignis wurde eine Nachricht und diese Nachricht generierte eine Nachfrage für das, was er verkaufen wollte. Zudem nutzte er geschickt ein gesellschaftlich relevantes Thema. Damit hatte er – praktisch im Alleingang – die moderne Public Relations erfunden.
Omnichannel-Marketing & PR
Ziel von Omnichannel-Marketing ist es, Kund:innen mit relevantem, mehrwertstiftendem Content über verschiedenste Kanäle hinweg zu erreichen – eng aufeinander abgestimmt und ineinander verzahnt. Die International Public Relations Association (IPRA) hat 2019 eine neue Definition von PR entwickelt, die der heutigen Zeit entsprechen soll: „Public Relations ist eine Entscheidungs-Management-Praxis, die darauf abzielt, Beziehungen und Interessen zwischen Organisationen und ihrer Öffentlichkeit aufzubauen, basierend auf der Bereitstellung von Informationen durch vertrauenswürdige und ethische Kommunikationsmethoden.“
Was macht moderne Health-PR aus?
Mit seinen gesundheitsschädlichen Auswirkungen mag Rauchen nicht das beste Beispiel für die Health-Branche sein, aber es zeigt eindrucksvoll, wie PR funktioniert. Der Case verdeutlicht: PR ist mehr als (medienvermittelte) Öffentlichkeitsarbeit. Sie verkauft durchaus.
Gute Konzeption und zahlreiche Text- und Event-Taktiken
Am Anfang von erfolgreicher PR steht die
Konzeption mit der Entwicklung einer PR-Strategie, idealerweise in Ableitung aus der Gesamtkommunikationsstrategie, und Aufsetzen eines detaillierten PR-Konzepts inkl. taktischer Umsetzung.
Geht es um
„Text“ stehen in der PR eine ganze Reihe an Taktiken bereit: sowohl Pressematerialien wie Pressemitteilungen, Kongressberichte und Media-Newsletter als auch Texte zur direkten Ansprache der Dialoggruppen wie Website-Texte, Ratgeber und Social Media Posts. Gleiches gilt für PR-Events & Relations: Hier sind Konzeption und Durchführung von Veranstaltungen und Kontaktarbeit für und mit Medien Aufgabe der PR. Beispiele dafür sind Pressekonferenzen, Media Roundtables, Media Speed Datings, Redaktionsbesuche und Medienkooperationen – aber auch die direkte Kommunikation mit HCPs, Patient:innen und Consumern in Form von Expertenrunden, Patientenevents, Testimonial Stories und Blogger Relations.
PR glänzt bei erklärungsbedürftigen Inhalten
Die Tonality macht den Unterschied zu Marketing: Während PR vorwiegend informierend und Kontext-bezogen unterwegs ist, werden in der werblichen Kommunikation die Vorteile des Produktes/der Company direkter kommuniziert. Mit Blick auf die Kommunikations-Inhalte lässt sich festhalten:
PR glänzt immer dann, wenn es um erklärungsbedürftigen und/oder anspruchsvollen Content bzw. Wissensvermittlung geht. Werbung dagegen kommt schneller auf den Punkt und stellt die Vorteile klar heraus.
Collaboration statt Silo-Denke!
Wie können sich die Möglichkeiten von PR im Omnichannel-Marketing optimal entfalten? Ganz gleich, ob es um Produkt-PR, Indikations-PR oder Awareness-Kampagnen geht – entscheidend ist eine
kooperative Zusammenarbeit aller Beteiligten mit Blick auf das gemeinsame Ziel, sowohl auf Unternehmens- und Agenturseite. PR ist keinesfalls losgelöst von den anderen Kommunikationsdisziplinen zu betrachten, sondern im orchestrierten Zusammenspiel. Health-PR kann sogar in puncto Omnichannel-Marketing einen wertvollen Grundstein legen, mit Content, der dann filetiert in verschiedensten Formaten über unterschiedlichste Kanäle gezielt ausgespielt wird.
Ein Beispiel: Aus einem
Fach-Presseworkshop mit drei KOL-Vorträgen lassen sich wunderbar einzelne Content-Pieces für Video-Interviews, Newsletter oder Approved E-Mail generieren. Wenn die Kolleg:innen aus Marketing, Medical und Communications im Austausch miteinander stehen, lassen sich aus einem Anlass verschiedenste Assets erstellen – ist der Agenturpartner dann auch noch interdisziplinär aufgestellt, steht einer effizienten Umsetzung nichts mehr im Weg.
Auch PR verkauft – nachmessbar und nachhaltig
Nicht selten stehen sich Unternehmen jedoch ein wenig selbst im Weg. Das wird zum Problem, besonders wenn– nicht zuletzt mit Blick auf das Budget – noch in Silos gedacht wird und die Parameter der Erfolgsmessung kurzfristig gesteckt sind.
Im Omnichannel-Marketing zählt neben den Kennzahlen der digitalen Projekte wie Öffnungsraten von Newslettern, die Click-Through-Rate zur Website, die Anzahl neuer oder wiederkehrender Website-Besucher:innen, ihre Verweildauer usw. vor allem der ROI (=Return on Investment). Hier hat die PR ein wenig das Nachsehen, wenn sie auf langfristigen Imagegewinn verweist. Ein
Umdenken bezüglich KPIs in der PR kann daher hilfreich sein, wenn sie von sich aus mehr anbietet als das Zählen von „Clippings“ (= redaktionelle Veröffentlichungen als Ergebnis von Medienarbeit, neudeutsch „earned media“).
Auch in der PR lassen sich Marketing-affine KPIs definieren und messen. Idealerweise wird die Erreichung der strategischen Ziele bereits in der Planungsphase im Brand-/Indikations-Team aufeinander abgestimmt und in einer kundenzentrierten Customer Journey für die entsprechenden Zielgruppen über die verschiedenen Kommunikationskanäle hinweg
gemeinsam definiert. Denn auch wenn PR selten direkt „verkauft“ – früher oder später zahlt sich das Investment aus: nicht nur durch einen Imagegewinn von Company und Brand, sondern auch durch intensive Kontakte mit KOLs und (Fach-)Medien sowie eine nachhaltige Verankerung wichtiger Botschaften bei den Dialoggruppen.
Fazit
Health-PR hat einen wertvollen Impact im Kommunikations-Mix – besonders, wenn alle im Team auf Unternehmens- und Agenturseite zusammenarbeiten. Da PR traditionell Content-getrieben ist, lassen sich über die medienvermittelte und direkte Kommunikation mit den Dialoggruppen hinaus
Synergieeffekte nutzen, die die Brand/die Indikation und ihre Botschaften glaubwürdig und nachhaltig platzieren. Die Frage, ob das noch „PR“ oder schon „Werbung“ ist, sollte eigentlich keine Frage (mehr) sein, denn unabhängig von der Disziplin ist alles Kommunikation – mit einem gemeinsamen Ziel, das Beste für Brand und Company zu erreichen.
Über die Autorinnen
Claudia Wilke ist Director Public Relations, Melanie Kroska Junior Consultant Public Relations – und beide Mitglied der DPRG (Deutschen Public Relations Gesellschaft e. V.) – bei der auf Health und Wellbeing spezialisierten Kommunikationsagentur PINK CARROTS. Die Agentur mit 50 Mitarbeitenden versteht Gesundheit als breites Dach. Und als weites Feld voller Möglichkeiten, um Menschen und Marken zu verbinden.