Führende mittelständische Pharma- und Healthcareunternehmen agieren oft im Verborgenen. Diese „Hidden Champions" wissen um ihre Marktstärke, doch fehlt es ihnen an überzeugender Kommunikation. Wie die gelingt, schreibt Ginia Schuckert von cyperfection in ihrem Beitrag für Health Relations.
Der Weltmarktführer für Knorpelzelltherapien? Oder die Nummer 1 für Instrumente für Ophthalmochirurgie? Mittelständische Unternehmen, die in ihrer Branche den Ton angeben, kennt man oft nicht, obwohl sie praktisch in der Nachbarschaft produzieren. Das muss kein Problem sein, aber es kann. Fachkräftemangel ist hier ein aktuelles Stichwort.
Wer sich erfolgreich in Nischen eingerichtet hat, steht zunehmend vor der Herausforderung, seine Marke kontinuierlich zu stärken, um im Wettbewerbsumfeld sichtbar zu bleiben. Viele dieser Hidden Champions kennen ihre Marktposition, aber es fehlt an einer effektiven Markenführung und -kommunikation.
Mit welchen Strategien und Methoden können Mittelständler ihre Marken zukunftssicher weiterentwickeln und ihre Botschaften erfolgreich platzieren?Gezielte Maßnahmen bei begrenztem Budget
Fest steht: Mit gezielten Maßnahmen und strukturierten Prozessen lässt sich auch ein begrenztes Marketingbudget in eine gewinnbringende Investition umwandeln.
Aber nicht nur deshalb sind solche Hidden Champions und generell Mittelständler aus Sicht der Markenentwicklung ein spannendes Thema – das gilt auch (oder gerade) für die Pharmabranche.
Oft verbergen sich interessante Geschichten hinter diesen Unternehmen, die allerdings kaum jemand kennt, da sie erst einmal gut erzählt werden müssten. Und trotz aller Unterschiede gibt es Vorgehens-muster bei Kommunikation und Marketing für starke Mittelstandsmarken.
Marketing wird komplexer
Positionierung und
kontinuierliche Markenführung sind zentrale Aspekte einer starken Marke. Mittelständische Unternehmen sind in der Regel gut aufgestellt, was den ersten Punkt betrifft. Sie kennen den Wert ihrer Marke, ihre USPs gegenüber Wettbewerbern und wissen um die Notwendigkeit einer klaren Positionierung im Markt. Demgegenüber ist bezüglich Markenführung und -kommunikation meistens noch viel Luft nach oben.
Viele mittelständische Unternehmen befinden sich in einer stabilen wirtschaftlichen Lage,
zahlreichen Herausforderungen wie Fachkräftemangel, Rohstoffknappheit oder Lieferketten-Problemen zum Trotz. Feste Bestandskunden und Markenbekanntheit in ihrer Nische sind dafür oft die ausschlaggebenden Faktoren. Aber wenn sie in die Situation geraten, mit der Konkurrenz um die Aufmerksamkeit von Kunden oder Fachkräften kämpfen zu müssen, stellt sie das oft vor handfeste Probleme:
Marketing wird immer komplexer, verschiedene Touchpoints wollen im Omnichannel koordiniert und bespielt werden, was nicht ohne Know-how und Ressourcen machbar ist. Und die Marketingabteilung im Mittelstand besteht oft nur aus wenigen Personen.
Beispiel: Junge Ärzte und Ärztinnen überzeugen
Eine für den Pharma-Mittelstand immer häufigere Herausforderung in der Profikommunikation lässt sich beispielsweise so skizzieren: Die Zielgruppe besteht hauptsächlich aus Ärztinnen und Ärzten, das Produkt ist bekannt und beliebt, quasi ein Selbstläufer. Nur verabschiedet sich diese Zielgruppe langsam aber sicher in den Ruhestand – und die nachrückenden jüngeren kennen das Produkt kaum, gar nicht oder müssen auch erst von den Vorteilen überzeugt werden. Die bisherigen Marketingaktivitäten reichen bei weitem nicht mehr aus, um dieser Situation zukunftssicher zu begegnen. Zumal jüngere Zielgruppen nicht nur eine andere Mehrwertkommunikation benötigen, da der historisch bedingte Markentrust nicht vorhanden ist, sondern auch kommunikativ andere Erwartungen haben, sei es hinsichtlich der (digitaleren) Kanäle oder der Ansprache.
Fokussierung führt zur stabilen Mittelstandsmarke
Gerade für mittelständische Unternehmen ist es wesentlich, sich auf ihren Kern zu fokussieren, um aus der Masse hervorzustechen. Die einfache Formel, um mittelständische Marken zukunftssicher weiterzuentwickeln und ihre Botschaften zu transportieren, lautet:
weniger Komplexität und mehr Wachstum. Eine solide Basis ist ausschlaggebend für eine nachhaltige Markenführung von Pharma- und Healthcare-Mittelständlern. Wie so oft sind die ersten Schritte auf diesem Weg am arbeitsintensivsten – aber sie legen den Grundstein für eine zukunftssichere und erfolgreiche Markenkommunikation.
Unternehmensziele stehen an der Spitze der Prioritäten-Hierarchie, aus denen sollten sich Marketing- und Kommunikationsziele nicht nur im Mittelstand ableiten. Ein gut gangbarer Weg lässt sich dann in verschiedene Phasen oder auch Sprints einteilen, in denen Marken und Kommunikation strukturiert und kontinuierlich gemäß den Zielsetzungen entwickelt werden – strategisch und über die erforderlichen Kanäle hinweg.
In 5 Phasen zu nachhaltiger Markenkommunikation
Das Vorgehen in kurze Planungs- und Implementierungsphasen einzuteilen, hat viele Vorteile – nicht zuletzt bleibt es so auch jederzeit möglich, agil auf eine veränderte Situation zu reagieren. Grob skizziert lassen sich diese Phasen so einteilen:
Phase 1 – Business & Strategie
Hier bildet sich die
Basis für die Definition von Marketing- und Kommunikationszielen und der strategischen Route. Eine Bestandsaufnahme der Geschäftsstrategie, der Herausforderungen und Ziele, ebenso der Kunden, Zielgruppen und Märkte sowie Trends & Marktveränderungen.
Phase 2 – Brand und Strategie
In dieser Phase wird die Markenentwicklung hinsichtlich der übergeordneten Geschäftsziele justiert.
Markenpositionierung und -differenzierung sowie USP & Mehrwertkommunikation können hier im Vordergrund stehen. Gerade hier sollte bei mittelständischen Unternehmen die Leitlinie sein: Komplexität reduzieren und die Strategie nicht übermäßig ausdehnen.
Phase 3 – Kommunikationsstrategie
Eine
Kommunikationsstrategie, die die Digital- und Markenstrategie umsetzt, ist der nächste entscheidende Schritt: Markenbotschaften, gegebenenfalls Moodboards und Scribbles – es geht um ein erstes Bild des zukünftigen Markenauftritts.
Phase 4: Das digitale Ökosystem
Welche
technologischen Tools werden gebraucht, und welche
Plattformen (z.B. Website, Newsletter, Instagram, YouTube, etc.) sollen bespielt werden? Das Wichtigste: Das Marken-Ökosystem auf die wirklich wesentlichen und erfolgversprechenden Punkte zu fokussieren. Prinzipiell kann dieser Schritt anhand einer Channel- & Touchpoint-Analyse, einer daraus abgeleiteten Strategie und schließlich der Entwicklung von Customer Journeys erfolgen. Ebenfalls hierher gehören relevante KPIs zur Erfolgsmessung und eventuell ein Playbook, in dem die relevantesten Vorhaben festgehalten werden können.
Phase 5: Exekution
Die Phase fürs Handfeste:
Kreativideen und Vermarktungskonzepte werden entwickelt und umgesetzt, Vermarktungskonzepte ausgefeilt und das technische Ökosystem realisiert. Inklusive Tracking und Monitoring.
Fazit
Dieser Fünf-Punkte-Plan ist erprobt und lässt schnell ins Handeln kommen, ohne allzu viel Zeit mit langen strategischen Vorüberlegungen zu verbringen – deren Sinn aus Sicht anpackender Mittelständler oft genug angezweifelt wird. Kommunikation langfristig über verschiedene Kanäle strukturiert und kontinuierlich zu entwickeln, ist der Benefit eines solchen Vorgehens. Aus Marketingperspektive sind diese Maßnahmen wesentlich für eine langfristige Wettbewerbsfähigkeit und die Fähigkeit, sich kommunikativ an Marktveränderungen anzupassen.
Über die Autorin
Ginia Schuckert ist Strategin mit Schwerpunkt auf Markenkommunikation bei der Agentur cyperfection, mit Sitz in Ludwigshafen. Gemeinsam mit Kunden, identifiziert Sie Herausforderungen und Potenziale und entwickelt Strategien, Marken nachhaltig im jeweiligen Wettbewerbsumfeld zu positionieren und weiterzuentwickeln.