Pharmamarketing ist ein gängiger Begriff. Aber: Was gehört eigentlich dazu? Welche Zielgruppen sprechen Pharmaunternehmen über welche Marketingaktivitäten an? Was sind die Hebel? Und welche neuen Entwicklungen gibt es?
Das Pharmamarketing widmet sich dem Ziel, pharmazeutische Arzneimittel und Produkte zu bewerben und ihren Verkauf zu fördern. Das können verschreibungspflichtige Medikamente, Impfstoffe, Medizinprodukte – oder auch digitale Angebote, wie DiGA oder Apps für Patient:innen, sein.
Entscheidend für die Marketingmaßnahmen ist, ob es sich um ein
verschreibungspflichtiges oder rezeptfreies Produkt handelt. Bekommt ein Patient ein Medikament nur auf Verordnung seiner Ärztin, spricht man von sogenannten
Rx-Produkten. Ist ein Arzneimittel hingegen rezeptfrei in der Apotheke zu kaufen, handelt es sich um ein
OTC-Produkt (Over-the-Counter).
Der Vertrieb beider Produktarten unterscheidet sich wesentlich voneinander. Denn: Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen müssen sich die Marketingaktivitäten in der Pharmabranche an strenge gesetzliche Regularien halten.
Regularien des Pharmamarketings
In Deutschland ist es laut
Heilmittelwerbegesetz (HWG) verboten, für verordnungspflichtige Präparate in der Öffentlichkeit zu werben
(§ 10/11 HWG). Verbraucher:innen beispielsweise über Anzeigen oder digitale Plattformen zu den Wirkweisen eines Produkts zu informieren, ist
im Rx-Marketing nicht erlaubt.
Auch das OTC-Marketing unterliegt gesetzlichen Vorgaben, die Vermarktung in der Öffentlichkeit ist aber möglich. Beliebte Werbeträger sind beispielsweise TV-Spots oder Anzeigen in Zeitschriften. Rechtlich verpflichtend ist der Hinweis: "Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker."
Zielgruppen des Pharmamarketings
Aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen spricht das Pharmamarketing unterschiedliche Zielgruppen an.
- Die Marketingmaßnahmen rund um OTC-Präparate richten sich in erster Linie an Apotheker:innen, andere medizinische Fachkreise und an die Öffentlichkeit.
- Die Kommunikation zu Rx-Produkten konzentriert sich auf Healthcare Professionals. Gemeint hiermit sind medizinische Fachkreise – wie Ärzt:innen oder Apotheker:innen. In den vergangenen Jahren ist aber auch der Patient bzw. die Patientin als Zielgruppe für Rx-Hersteller stärker in den Fokus gerückt, die Ansprache unterscheidet sich jedoch von der Arztansprache.
Trends und Entwicklungen im Pharmamarketing
Die Customer Experience: der Grund für viele Transformationsprozesse
Die Orientierung an Markt- und Verbraucherwünschen ist auch in der Gesundheitsbranche stetig gewachsen. Während das Produkt im Pharmamarketing lange Zeit im Fokus stand, denken die meisten Arzneimittel- und Medizinproduktehersteller heute immer stärker vom Kunden aus. Denn: Ein Perspektivwechsel in die Rolle einer Ärztin oder eines Patienten kann die Kontaktaufnahme erleichtern. Die
Customer Experience – also Kundenerfahrung – möglichst fließend und leichtgängig zu gestalten, ist daher zentrales Ziel in vielen Organisationen.
Patient Centricity: Bedürfnisse der Patient:innen rücken stärker in den Fokus
Nicht nur im OTC-Bereich, auch bei verschreibungspflichtigen Medikamenten hat die Bedeutung der Patient:innen für Pharmaunternehmen zugenommen. Denn: Immer mehr Menschen informieren sich über Behandlungsmöglichkeiten, Medikamente oder Therapieverläufe – und spielen dieses Wissen an ihren Arzt oder ihre Ärztin zurück. Die Patient:innen direkt anzusprechen, wird also für Pharmaunternehmen zunehmend sinnvoller. Immer mehr Pharmaunternehmen entwickeln daher – über ihre Produkte hinaus – Lösungen, um auf Bedürfnisse von Betroffenen einzugehen.
Disease Awareness Kampagnen: beliebt in der Patientenkommunikation
Wenngleich Pharmaunternehmen den Wert der Patientenkommunikation für sich erkannt haben, ist diese mit Blick auf die gesetzlichen Vorgaben im Rx-Bereich nicht einfach. Die Rx-Kommunikation konzentriert sich meist darauf, über Gesundheitsthemen und Krankheitsbilder aufzuklären und das Bewusstsein in der Öffentlichkeit dafür zu stärken.
Eine beliebte Lösung in diesem Sinne sind
Disease Awareness Kampagnen. Diese haben das Ziel, Ärzt:innen und Öffentlichkeit für Krankheiten und deren medikamentöse Behandlung oder Prävention zu sensibilisieren. Häufig werden als Aufhänger hierfür Aktionstage oder aktuelle gesellschaftliche Themen genutzt.
Corporate Marketing: Die Unternehmensmarke zählt
Immer wichtiger für ein erfolgreiches Pharmamarketing wird auch das Corporate Marketing, also die Stärkung der Unternehmensmarke. Denn: Ein positives Unternehmensbild schafft Vertrauen und Sicherheit – Werte, die gerade in der Pharmabranche für den Erfolg bedeutsam sind.
Corporate Marketing schließt beispielsweise die Themen
Nachhaltigkeit oder Arbeitgeberattraktivität mit ein. Engagiert sich ein Pharmaunternehmen für sozial-ökonomisches Denken und Handeln, kann das gleichzeitig auch das Vertrauen in Produkte und Leistungen des Anbieters stärken.
Wie funktioniert Pharmamarketing? Was sind die Instrumente?
Um ein erwünschtes Kaufverhalten herbeizuführen, greift das
klassische Marketing im Wesentlichen auf vier Instrumente zurück: Produktpolitik, Preis, Kommunikationspolitik und Distribution. Auch Pharmaunternehmen befassen sich im Rahmen ihres Produktmanagements mit diesen vier Themenbereichen.
- In der Produktgestaltung geht es beispielsweise darum, Arzneimittel bedürfnisorientiert weiterzuentwickeln oder neue innovative Produkte auf den Markt zu bringen. Das können auch digitale Anwendungen – wie DiGA – sein.
- Die Nachfrage steuert den Preis? Die Preispolitik funktioniert im Gesundheitswesen anders als in anderen Branchen. Beispielsweise kommt es drauf an, ob es sich um ein verschreibungspflichtiges, rezeptfreies, ein Generikum oder Originalpräparat handelt. Vieles ist staatlich reguliert, in anderen Bereichen können Pharmaunternehmen wiederum Preise frei gestalten oder mit Krankenkassen verhandeln.
- Die Distributionspolitik beschäftigt sich damit, wie Arzneimittel und Medizinprodukte von Pharma-Herstellern zu den Endabnehmern gelangen. Immer wichtiger dabei wird der Aspekt „Nachhaltigkeit“. Denn: Bereits in Herstellung und Logistik ist ökologisch-soziale Verantwortung gefragt.
Kommunikation: wichtige Säule des Pharmamarketings
Die Kommunikation mit den relevanten Zielgruppen ist der vierte Teilbereich des Pharmamarketings. Meist ist mit dem Begriff genau dieser Bereich der Vermarktung und Bewerbung gemeint. Mit Blick auf die unterschiedlichen Regularien und Zielgruppen unterscheidet sich auch die Ansprache.
- Klassische Kommunikation für verschreibungspflichtige Produkte (Rx): Ein wichtiger Kanal hierbei ist der Außendienst. Denn: Über den persönlichen Besuch in Praxen, medizinischen Zentren, Kliniken oder Apotheken können Pharmahersteller ihre Zielgruppen erreichen.
Aber auch Fachzeitschriften oder Veranstaltungen sind beliebt, um Informationen zu Gesundheitsthemen mit Fachkreisen zu teilen. Häufig arbeiten Pharmaunternehmen dabei mit Key Opinion Leader (KOL) aus der Ärzteschaft zusammen. Diese Expert:innen dienen dann als Sprachrohr, um Fachkreise über bestimmte Gesundheitsfragen oder Krankheitsbilder aufzuklären. Wichtig ist Transparenz: Erfolgt eine solche Kooperation, muss die Zusammenarbeit klar gekennzeichnet sein.
- Klassische Kommunikation für rezeptfreie Produkte (OTC):
Klassische Maßnahmen im OTC-Marketing sind die Platzierung von Anzeigen oder Content-Beiträgen in Print-Zeitschriften. Auch Werbung in Radio und Fernsehen ist beliebt. Häufig teilen Pharmahersteller ihre Informationen auch über Out-of-Home-Medien – wie Plakate – oder über Postwurfsendungen.
Digitales Pharmamarketing eröffnet mehr Möglichkeiten
Die Digitalisierung ist auch in der Gesundheitsbranche angekommen. Spätestens seit der Pandemie gehören digitale Touchpoints dazu, wenn Pharmaunternehmen ihre Zielgruppen erreichen wollen.
Der
Außendienst ergänzt den Vor-Ort-Besuch beispielsweise durch Video-Calls, E-Mailings oder virtuelle Fortbildungsangebote. Denn:
Studien zeigen, dass Ärzt:innen Kongresse, Seminare oder Expertenrunden auch gerne online besuchen. Hinzu kommen Social Media Kanäle oder digitale Plattformen. Unternehmen bauen Fach-Communities via
LinkedIn oder Xing auf, um Ärzt:innen zu erreichen. Sie nutzen Netzwerke wie DocCheck oder Fachbereiche hinter der Login-Schranke von
Fachmagazinen.
Auch in der
Patientenkommunikation setzen Pharma-Hersteller auf digitale Lösungen. Über
Patient:innen-Webseiten können Betroffene Experteninterviews zum Thema lesen, sich mit anderen Erkrankten austauschen oder einen Ärztefinder nutzen. Auch
Podcasts, Social Media Kanäle oder
Sprachplattformen wie Amazons Alexa bieten die Möglichkeit, Inhalte zu Gesundheitsthemen zu teilen. Wichtig dabei ist es, die gesetzlichen Rahmenbedingungen im Blick zu halten und zu wissen, wo die Zielgruppe sich aufhält.
Klassisches oder digitales Pharmamarketing? Beides!
Mit der digitalen Routine entwickelt sich auch im Pharmamarketing die
Omnichannel-Kommunikation weiter. Sprich: Digitale Kanäle kommen nicht nur hinzu, sondern sollen optimal mit analogen Touchpoints verbunden werden. Pharmaunternehmen möchten möglichst alle Kontaktpunkte – ob digital oder analog – einbeziehen, um auf die Bedürfnisse der Ärzt:innen und Patient:innen bestmöglich eingehen zu können.
Fazit: Pharmamarketing: Was ist das? Welche Trends gibt es?
Das Pharmamarketing beschäftigt sich mit der
Bewerbung und Verkaufsförderung pharmazeutischer Arzneimittel und Produkte. Welche Marketingmaßnahmen hierfür genutzt werden, hängt davon ab, ob es sich um verschreibungspflichtige (Rx) oder rezeptfreie (OTC) Präparate handelt. Denn: Die gesetzlichen Regularien für beide Bereiche sind unterschiedlich.
Daraus ergeben sich
verschiedene Zielgruppen: Die Kommunikation im OTC-Bereich adressiert sowohl Öffentlichkeit als auch medizinische Fachkreise. Die Rx-Kommunikation richtet sich in erster Linie an Healthcare Professionals wie Ärzt:innen und Apotheker:innen. Immer stärker rücken aber auch hier die Patient:innen in den Fokus. Die
Patient Centricity in Pharma nimmt zu. Über verschiedene klassische und digitale Kanäle möchten Unternehmen eine optimale Customer Experience erreichen. Anspruch und Vision ist eine reibungsfreie
Omnichannel-Kommunikation in alle Richtungen.