Nadja Schäfer ist Oberfränkin mit kölschem Blut in den Adern und seit Juni 2021 Leiterin der Unternehmenskommunikation bei Galapagos Biopharma Germany in München. „Der Charme eines Underdogs“ kommt dem in Deutschland noch jungen Biotech-Unternehmen in der Kommunikationsarbeit zugute, sagt sie.
Wenn Nadja Schäfer mit ihrem vier Jahre alten Parson Russell Terrier spazieren geht, verschwindet sie hinter dessen starken Präsenz. „Wir treffen Nachbarn und dann heißt es nicht ,Guten Tag, Frau Schäfer', sondern nur ,Hallo Henry, wie geht’s dir heute?'“. Spricht man selbst mit der 50-jährigen Germanistin kann man diese Anekdote kaum glauben. Wie ein „Underdog“ wirkt Nadja Schäfer keineswegs. Auch hinter dem Bildschirm ist sie in ihrem Auftreten sicher, kommunikationsstark, zugewandt.
Eine „waschechte Kommunikatorin“ sei sie schon immer gewesen, lacht sie. Auch wenn sie im ostfränkischen Kronach geboren sei, habe sie Kölsches Blut in den Adern. Das und ihre Liebe zur deutschen Sprache zeichneten damit ihren Weg in die Kommunikation quasi vor.
Mit dem festen Wunsch Journalistin zu werden, schrieb sie bereits in ihrer Jugend für Schülerzeitungen, Tageszeitungen und Stadtmagazine. Nach dem Abitur ging sie nach Bamberg, studierte dort Germanistik, Kommunikationswissenschaften und Politik. Dort kam es zu dem ersten „Erweckungserlebnis“ in ihrem Leben, wie Nadja Schäfer die kleinen Biegungen in ihrer gradlinigen Vita bezeichnet. „Meine Professoren, Rühl und Bentele, beides Urgesteine der Public Relations, haben mich schlichtweg für ihren Bereich begeistert. Von da an war für mich klar: Die PR bietet für mich einfach so viel mehr als der klassische Journalismus“, erinnert sie sich.
Ihr Weg führte immer wieder zurück in die Healthcare-Branche
Bei ihrem Berufseinstieg entschied sie sich bewusst für die Healthcare-Branche. Naturwissenschaften spielten immer eine große Rolle in ihrem Elternhaus. Ihr Vater war Lehrer für Biologie, Physik und Chemie, ihr Bruder wurde Arzt. Auch Nadja Schäfer erwog kurzfristig eine Medizinerlaufbahn, erkannte dann aber schnell ihre Leidenschaft für Kreativität und fand in einem Traineeship in der Healthcare Unit der Agentur Hill & Knowlton eine Brücke zur Medizin.
Immer mal wieder unternahm sie
Ausflüge in andere Branchen. 2001 stieg sie bei Burson Marsteller in Frankfurt a.M. ein, rutschte dort von der Gesundheitskommunikation schnell ins Brand Marketing – eine Erfahrung, die sie später in der Düsseldorfer Agentur Brandzeichen weiter vertiefte. „Beauty, Spirituosen, Automobilindustrie – das war alles sehr glitzernd und aufregend, aber mir fehlte
der sinnstiftende Inhalt in meiner Arbeit“, sagt Nadja Schäfer heute. Diese Bereicherung könne ihr nur die Healthcare-Branche und die Arbeit für Patienten geben, so ihr persönliches Resümee.
„Agilität in ihrer Reinform“
Die Entscheidung, sich 2008 selbstständig zu machen, bezeichnet Nadja Schäfer als ihr zweites „Erweckungserlebnis“. Mit zunächst einem Kunden im Gepäck machte sie sich auf die Reise in
unterschiedliche Indikationen und Aufgabenbereiche. Schnell kamen neue Auftraggeber hinzu. Gut zwölf Jahre arbeitete Nadja Schäfer für nationale und internationale Pharmaunternehmen und PR-Agenturen im Gesundheitsbereich und baute sich nebenbei ein zweites Standbein auf.
Als Medical Writerin schrieb sie für deutschsprachige medizinische Fachmedien. „Diese Zeit war Agilität in Reinform“, sagt sie rückblickend. „Ich arbeitete hochflexibel, mit den unterschiedlichsten Teams, in immer wieder neuen Prozessen und unter unterschiedlichsten Herangehensweisen.“
Von Gilead Sciences zu Galapagos
Dass sie ihre freiberufliche Freiheit vor zwei Jahren hinter sich ließ und wieder im Arbeitnehmerverhältnis landete, verdankte sie der „spannenden Offerte eines Ex-Kollegen“, erzählt Nadja Schäfer. „Bei Gilead Sciences hatte ich die Chance,
die Fachkommunikation für eine neue Indikation aufzubauen“, so die PR-Spezialistin.
Anstatt einen „bunt gemischten Bauchladen an Indikationen vor sich herzutragen“, wie die Germanistin ihre freiberufliche Tätigkeit liebevoll umschreibt, konnte sie sich nun thematisch auf ein Produkt konzentrieren.
Seit März 2020 begleitet Nadja Schäfer die Markteinführung einer neuen Therapie-Option bei rheumatoider Arthritis, zunächst bei Gilead Sciences, seit Juni dieses Jahres unter dem Dach des Biotech-Unternehmens Galapagos Biopharma Germany.
Denn mit dem Übergang der europäischen Marketing- und Vertriebsaktivitäten von Gilead zum belgischen Kooperationspartner Galapagos wechselte auch Nadja Schäfer – zusammen mit „ihrem“ Produkt – den Arbeitgeber. Für die deutsche Affiliate bot sich die Möglichkeit, die Funktion Public Affairs neu aufzubauen und auszurichten. Mit ihren Worten: „Es ist eine vermutlich eher seltene Chance, an der Geschichte eines Unternehmens aktiv mitzuschreiben sowie dessen Strategie und Kultur mitzugestalten.“
Sixpack – die 6 Entscheiderfragen
1. Lektüre: Buch oder lieber online? Buch. Ich bin sehr bibliophil. Ich bin Germanistin und mein Herz schlägt für Bücher.
2. Wer gibt den Ausschlag? Kopf oder Bauch? Kopf. Ich bin ein sehr rationaler Mensch, manchmal zu rational. Aber letztes Jahr bin ich 50 geworden und habe endlich gelernt, mehr auf meinen Bauch zu hören.
3. Abendprogramm. Mit Freunden treffen oder Netflix? Freunde treffen, ganz, ganz wichtig. Mein soziales Umfeld, der Austausch im Freundeskreis – das ist wirklich mein Betriebsstoff.
4. Schreibtisch: Häufchen oder aufgeräumt? Vor Corona: aufgeräumt. In Corona: diverse Häufchen. Bei einer vollen Agenda bleibt die Ordnung oftmals auf der Strecke.
5. Bevorzugtes Arbeitsmodell: Lieber Büro oder Homeoffice? Ein Mix daraus, ganz klar.
6. Urlaub: Berge oder Meer? Auch ein Mix. Ich bin super-gerne in Italien und liebe das Meer. Aber ich komme gebürtig aus einer hügeligen Region, fühle mich also auch Berg und Tal verbunden.
Galapagos wurde 1999 gegründet und hat derzeit weltweit mehr als 1.300 Beschäftigte. Seit 2019 besteht die Galapagos Biopharma Germany GmbH am Standort München. Als Director Communications and Public Affairs ist Nadja Schäfer nun Teil des deutschen Standorts mit rund 75 Mitarbeitenden. Die meisten davon kannte sie bis vor ein paar Wochen nur im Halbformat. Denn wie viele ihrer Kolleginnen und Kollegen in Pandemie-Zeiten arbeitet sie komplett aus dem Homeoffice heraus. Erst bei der kürzlich initiierten Herbsttagung in Berlin sah sie viele Galapagos-Mitarbeiter:innen erstmals live.
Genau hier liege – neben der reinen Produktkommunikation – auch eine ihrer Aufgaben. „In einem noch jungen und stark wachsenden Unternehmen wie Galapagos geht es vor allem auch darum,
die kulturellen Unterschiede unter einem Dach zusammenzubringen“, erklärt sie. Auch das Tun und Wirken des europäischen Unternehmens möchte sie nach außen bekannter machen, die Sichtbarkeit erhöhen.
Vertrauensarbeit und gelebtes Relationship als Basis
Erst kürzlich hat das Biotech-Unternehmen die Zulassungserweiterung im Bereich der chronisch- entzündlichen Darmerkrankungen erhalten. Vor diesem Hintergrund erweitert sich Nadja Schäfers Tätigkeitsgebiet um die Fachkommunikation in der Indikation Colitis ulcerosa.
Kern der Kommunikation bei Galapagos sei dabei immer eine intensive Vertrauensarbeit. Bereits jetzt basiere der Leitgedanke des Unternehmens auf einer gelebten Beziehungsarbeit zu Ärzten und Ärztinnen. „Mit dem Charme eines Underdogs“ seien offene Gespräche wesentlich leichter zu verwirklichen, davon ist Nadja Schäfer überzeugt.
Erst kam die Formatvielfalt, jetzt die Evaluation
Wie andere Pharmaunternehmen auch hat Galapagos dabei seit Beginn der Pandemie eine Vielzahl neuer Formate bedient. Die Herausforderung liege jetzt aber in der Evaluation. Insbesondere dann, wenn man eine sehr spitze Zielgruppe ansprechen möchte. „Denn auch Ärzte und Ärztinnen bewegen sich in vielen Kanälen. Herauszufinden, wo genau, ist entscheidend für eine effiziente Kommunikation“, erklärt Nadja Schäfer.
„Die Erwartungshaltung geht heutzutage immer mehr dahin, dass die vielen digitalen Formate sinnvoll miteinander verwoben sind. Sprich: Dass der Rezipient „smooth“ von einem Kanal in den nächsten übergleiten kann“, so die Kommunikationswissenschaftlerin. Als agiles und innovatives Unternehmen sei Galapagos hier bereits gut aufgestellt und habe schon immer einen Fuß in der „digitalen Tür“ gehabt.
In dieser Agilität findet sich die Naturliebhaberin wieder. Wenn nach ihrem oft langen Arbeitstag auch Pausen unerlässlich sind, um „in die Balance zu kommen und positive Energie zu tanken“, so ist die ständige Bewegung ein fester Anker in ihrem Leben.
Ist der Bildschirm aus, zieht es die Stadtbewohnerin – gemeinsam mit Mann und Hund – raus in die Natur. Zum Wandern, Radfahren oder Yoga. Ganz gleich, ob im Beruflichen oder Privatem: Stillstand ist in Nadja Schäfers Lebensentwurf „nicht vorgesehen“, wie sie sagt. „Ich brauche die Option einer Perspektive, einer persönlichen Weiterentwicklung, sonst gehe ich ein wie ein Primelchen“.